Volk und Universität
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wirken. Die Verwirklichung der Universität kann jederzeit nur von den Sachverstän-
digen geleistet werden. Auch die Reform der Universität liegt allein in deren Hand. Wer
ist sachverständig? Solche Männer, die durch Leben und Leistung öffentlich erwiesen
haben, was sie können. Ein äußeres Merkmal ist ihr durch Leistungen bestimmter Ruf,
der bei nicht wenigen der heutigen Forscher über Deutschlands Grenzen hinausgeht.
Ein Merkmal ist ihr durch eigene Initiative auf ihre Arbeit konzentriertes Leben. Ein
Merkmal ist, daß sie auf Gründe hören und für konkrete Erfahrungen zugänglich sind.
Ein Lehrkörper kann nicht plötzlich aus dem Nichts zusammengestellt werden. Er
wächst in die Überlieferung durch Auswahl vermöge Bewährung im geistigen Wett-
streit. Ein jeder weist sich aus durch öffentlich zugängliche Leistungen. Wenn man
uns, die wir aus diesem Prozeß hervorgegangen sind, das Vertrauen abspricht, so fühle
ich darin eine tiefe Ungerechtigkeit, vergleichbar dem Gefühl, das ich hatte, als die
Nationalsozialisten mich entfernten. Worauf gründet man sich, wenn man etwa be-
fürchtet, daß die derzeitigen Lehrkörper an den Hochschulen nicht imstande und
will | lens seien, von sich aus eine Reform vorzunehmen? Was berechtigt zu der Forde-
rung, die von einer Seite, die nichts mit der Regierung zu tun hat, erhoben wurde, daß
die Regierung »durch verschärfte Überwachung« uns in Ordnung bringen solle?283
Weiß die Regierung besser als wir, worauf es ankommt, wenn die Universität leben soll
für unbedingte Wahrheitsforschung, für das hellste Bewußtsein des Zeitalters, für die
Reinheit des Denkens? - weiß sie es besser, worauf es ankommt, wenn wir den Studen-
ten die bestmögliche Chance geben wollen, gründlich zu lernen, um mit Redlichkeit
und sachlichem Können einst in ihren Berufen der Gemeinschaft zu dienen? Ein le-
benwährendes Bemühen berechtigt uns zwar nicht zu dem Anspruch, restlos das Be-
ste zu wissen, wohl aber dazu, die Sachverständigen zu sein, die mit Herz und Kopf
ganz bei dieser Sache sind.
Wenn ich um Vertrauen für uns werbe, so kann ich das sinnvollerweise nicht dadurch,
daß ich sage, bei uns stehe alles glänzend. Vielmehr kann ich nur sprechen von unse-
rem Wollen und unseren Leistungen, die in Ansätzen da sind. Wir sind auf dem Wege,
nicht am Ziel.
Das Vertrauen braucht nicht schwächer zu werden, wenn ich auf Gefahren hinwei-
sen werde, die nicht überwunden sind. Im Gegenteil, daß wir sie kennen und gegen sie
kämpfen, vermöchte gerade das Vertrauen zu stärken. Im Zusammenbruch Deutsch-
lands nach zwölf Jahren der Verkehrung aller Wahrheit kann die Universität nicht
plötzlich vollendet dastehen - etwa als einzige unberührte Gestalt im zerstörten
Deutschland. Dies ist um so weniger möglich, als diese Universität 1933 ihre Würde ver-
loren hat. Sie hat damals aufgehört, ein genossenschaftlicher Selbstverwaltungskörper
zu sein. Obwohl sehr viele einzelne Forscher in der Verborgenheit sich rein hielten (ob-
wohl auch einige, sehr wenige, wie in München, zu Märtyrern wurden),284 ist die Uni-
versität im ganzen seitdem nicht mehr da. Alle Berufungen und Habilitationen, die seit
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wirken. Die Verwirklichung der Universität kann jederzeit nur von den Sachverstän-
digen geleistet werden. Auch die Reform der Universität liegt allein in deren Hand. Wer
ist sachverständig? Solche Männer, die durch Leben und Leistung öffentlich erwiesen
haben, was sie können. Ein äußeres Merkmal ist ihr durch Leistungen bestimmter Ruf,
der bei nicht wenigen der heutigen Forscher über Deutschlands Grenzen hinausgeht.
Ein Merkmal ist ihr durch eigene Initiative auf ihre Arbeit konzentriertes Leben. Ein
Merkmal ist, daß sie auf Gründe hören und für konkrete Erfahrungen zugänglich sind.
Ein Lehrkörper kann nicht plötzlich aus dem Nichts zusammengestellt werden. Er
wächst in die Überlieferung durch Auswahl vermöge Bewährung im geistigen Wett-
streit. Ein jeder weist sich aus durch öffentlich zugängliche Leistungen. Wenn man
uns, die wir aus diesem Prozeß hervorgegangen sind, das Vertrauen abspricht, so fühle
ich darin eine tiefe Ungerechtigkeit, vergleichbar dem Gefühl, das ich hatte, als die
Nationalsozialisten mich entfernten. Worauf gründet man sich, wenn man etwa be-
fürchtet, daß die derzeitigen Lehrkörper an den Hochschulen nicht imstande und
will | lens seien, von sich aus eine Reform vorzunehmen? Was berechtigt zu der Forde-
rung, die von einer Seite, die nichts mit der Regierung zu tun hat, erhoben wurde, daß
die Regierung »durch verschärfte Überwachung« uns in Ordnung bringen solle?283
Weiß die Regierung besser als wir, worauf es ankommt, wenn die Universität leben soll
für unbedingte Wahrheitsforschung, für das hellste Bewußtsein des Zeitalters, für die
Reinheit des Denkens? - weiß sie es besser, worauf es ankommt, wenn wir den Studen-
ten die bestmögliche Chance geben wollen, gründlich zu lernen, um mit Redlichkeit
und sachlichem Können einst in ihren Berufen der Gemeinschaft zu dienen? Ein le-
benwährendes Bemühen berechtigt uns zwar nicht zu dem Anspruch, restlos das Be-
ste zu wissen, wohl aber dazu, die Sachverständigen zu sein, die mit Herz und Kopf
ganz bei dieser Sache sind.
Wenn ich um Vertrauen für uns werbe, so kann ich das sinnvollerweise nicht dadurch,
daß ich sage, bei uns stehe alles glänzend. Vielmehr kann ich nur sprechen von unse-
rem Wollen und unseren Leistungen, die in Ansätzen da sind. Wir sind auf dem Wege,
nicht am Ziel.
Das Vertrauen braucht nicht schwächer zu werden, wenn ich auf Gefahren hinwei-
sen werde, die nicht überwunden sind. Im Gegenteil, daß wir sie kennen und gegen sie
kämpfen, vermöchte gerade das Vertrauen zu stärken. Im Zusammenbruch Deutsch-
lands nach zwölf Jahren der Verkehrung aller Wahrheit kann die Universität nicht
plötzlich vollendet dastehen - etwa als einzige unberührte Gestalt im zerstörten
Deutschland. Dies ist um so weniger möglich, als diese Universität 1933 ihre Würde ver-
loren hat. Sie hat damals aufgehört, ein genossenschaftlicher Selbstverwaltungskörper
zu sein. Obwohl sehr viele einzelne Forscher in der Verborgenheit sich rein hielten (ob-
wohl auch einige, sehr wenige, wie in München, zu Märtyrern wurden),284 ist die Uni-
versität im ganzen seitdem nicht mehr da. Alle Berufungen und Habilitationen, die seit
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