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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0341
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

vielerorts in Schwierigkeiten: die Studenten kommen nicht zu ihrem Recht, die Do-
zenten sind überlastet bis zur Lähmung ihrer Forschung.
Das Massendasein der Studenten schwächt die Möglichkeiten solidarischer Ge-
meinschaft im Studium. Es trennt die Studenten von den Professoren. Es bringt Ord-
nungen, die nivellieren und den persönlichen Studiengang erschweren.
Der Menge wird der Unterricht angepaßt. Minderbegabte kommen nicht mit. Be-
gabte werden geistig vergewaltigt, wenn sie gezwungen sind, am Unterricht teilzuneh-
men, der sie langweilt, und dessen Ergebnis sie durch eigenes Studium besser und viel
schneller erreichen könnten. Der Druck der Majorität setzt sich durch. Die Minorität
unterliegt dem Zwang zu Lehrkursen, derer sie nicht bedarf, dem Vielerlei, dem Zeit-
raub, der Anpassung an die Fassungskraft und die Interessen des Durchschnitts. Die
Masse zwingt alles auf eine Ebene. Die Einzelnen der Minorität sind dem Verdacht der
Asozialität ausgesetzt, wenn sie durch Selbständigkeit und durch die stille Leidenschaft
des eigenen Studiums mit ihrem Dasein das bezeugen, was der Durchschnitt nicht
wahr haben will.
Zum Teil ist das Massenproblem äußerlich zu lösen durch Vermehrung der Profes-
soren- und Dozentenstellungen, durch Vermehrung der Universitäten. Aber es bedarf
einer außerordentlichen Anstrengung der geistigen Kraft der Wenigen und ihres Glau-
bens an die Wahrheit der Sache, um aus einer Mitte her dieses ganze Massenwesen fak-
tisch zu durchdringen und zu führen. Die durch eine Reform zu findende Universitäts-
struktur kann dafür nur die Bedingungen schaffen.
5. Die finanzielle Versorgung der Studenten durch den früher selbstverständlichen
Monatswechsel seitens der Eltern hat weitgehend aufgehört, weil die vermögende
breite Mittelschicht, aus der früher fast alle Studenten und Dozenten kamen, nicht
mehr existiert. Also ist staatliche Hilfe für den begabten Nachwuchs in großem Um-
fang notwendig geworden.357 Das hat Konsequenzen für das studentische Selbstbe-
wußtsein, für die Freiheit des Studiums, für die Gesinnung beim Studium. Aber es
zwingt nicht zur Preisgabe der Idee.
6. Auf das Ganze gesehen ist ein Absinken des persönlichen Niveaus der Studen-
6 ten und Dozenten seit mehr als hundert | Jahren, viel stärker noch seit einem halben
Jahrhundert, nicht zu leugnen. Wenn man an einen geheimnisvollen, verborgenen
Prozeß eines Substanzverlustes des Menschseins selber denkt, so begreift man damit
nichts.358
Man denkt soziologisch: Die Studenten stammen zumeist nicht mehr aus einer gei-
stigen Welt der Familienüberlieferung. Sie sind schulmäßig vielfach unzureichend vor-
bereitet. Die Vorbereitung ist gar nicht einheitlich und hat nicht die Kraft, eine ge-
meinschaftliche geistige Atmosphäre zu schaffen.
Studenten dieser Herkunft bedürfen nicht selten der Führung im Leben und der
fortlaufenden Beratung beim Studium. Aber die Berater, selber als Professoren über-
lastet, müßten selbst beraten sein, um den persönlichen und sachlichen Situationen
 
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