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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0355
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

er angehört, anerkannt und als persönliche Existenz gesehen werden. Die unausge-
sprochene, aber faktische Solidarität derer, die sie selbst sind, bewirkt den Gang der
Idee in der Wirklichkeit.
Denkt man die Aufgaben und Normen der Universität nur soziologisch, so entzieht
man sich durch Soziologie (wie sonst durch Psychologie) der Verantwortung für die
Substanz der Sache, die bei jedem Glied der Korporation in seiner Freiheit liegt. Man
will nicht mehr persönlich haften für das, was man geistig tut, indem man die Haf-
tung auf soziologische Kausalitäten abschiebt. Man braucht nicht mehr man selbst zu
sein. Man ist befreit sowohl von dem Schwünge wie von der Forderung der Idee. Man
begreift intellektuell, indem man nur intellektuell verfährt.
Keine soziologische Begründung hat primäre Bedeutung für die Verwirklichung
der Universitätsidee. Es ist wichtig, die im Augenblick sichtbaren Realitäten aufzufas-
sen und zu diesem Zweck durch Untersuchungen zur Klarheit zu bringen, aber mit
dem Willen, die Grenze ihrer Bedeutung jeweils zu erkennen, und die einzige zeitlose
Idee der Universität in ihnen und über sie zur Geltung zu bringen.
25 | Unsere Negationen: nicht durch historische Rechtfertigung, nicht durch soziolo-
gische Begründung, nicht durch dogmatische Feststellung sei die Universitätsidee zu
fassen, bedeuten: die Idee ist lebendig gegenwärtig oder nicht. Man muß von ihr aus-
gehen, kann sie nicht erzwingen. Man kann die Idee nur durch die Erfahrung kennen,
die im eigenen Tun und Denken aus dem Ursprung der Freiheit liegt. Daher ist sie zu
gewinnen nicht durch Kenntnisnahme von außen, sondern im Dabeisein.
3. Die geschichtliche Verwirklichung: Universität und Staat
a) Bedeutung des Erziehungswesens überhaupt
Die Universität hat ihr Dasein durch den Staat, dem sie dient. Aber wegen der über-
staatlichen Herkunft ihrer Idee kann die Universität im Dienst des Staates sich nicht
vollenden.
Vom Staat her gesehen ist die Universität als Institution ein Teilgebiet seiner Wirk-
samkeit neben zahlreichen anderen. Sie ist untergeordnet den Zwecken des Staates:
Nutzen, Schulung der Berufskräfte der Gesellschaft, brauchbare Erkenntnis von den
technischen Anwendbarkeiten der Naturwissenschaften bis zu juristischen und poli-
tischen Gutachten.
Von der Universität her gesehen ist sie selbst die unabhängige, zweckfreie Erkennt-
nis in allen möglichen Weisen der Wahrheitsvergegenwärtigung. Sie ist die kooperie-
rende und streitende Bewegung ihrer Glieder im Blick auf das Ganze und Allgemeine.
Sie weiß sich dort, wo sie zu hellstem Bewußtsein kommt, als den geistig aktiven Spie-
gel des Alls der Dinge. Sie wird in eigener Existenz gleichsam identisch mit dem Gan-
zen. Sie sieht ihr eigenes Schicksal im Schicksal des Ganzen und erkennt sich in ihm
wieder, indem sie in es hinein die Kraft erhellender Einsicht strahlt.
 
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