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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0425
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

122 logie, so vor | Jahrzehnten der Hypnotismus,92 der jetzt längst ein anerkanntes Tatsa-
chengebiet darstellt, oder die Graphologie,93 die erst anfängt, an der Universität beach-
tet zu werden, die verstehende Psychologie,94 wie sie von Kierkegaard und Nietzsche
entfaltet wurde. J. Grimm schreibt (Kl. Sehr. Bd. I, S. 242): »An Universitäten herrscht
eine ansehnliche Buchgelehrsamkeit, die sich hebt und fortträgt, aber ungewöhnliche
Arbeiten, ehe sie Geltung erlangt haben, vorläufig abweist. Universitäten sind Garten-
anlagen, die ungern etwas wild wachsen lassen.«95 Wenn eine neue geistige Richtung
geschaffen ist, so bemächtigt sich irgendwann die Universität derselben und bringt sie
zur Entwicklung in vielen einzelnen Entdeckungen und Erweiterungen; und sie be-
wahrt das Gewonnene als Lehrgut. Das letztere kann sie aber ihrer Idee entsprechend
nur, wenn sie selbst forschend darin voranschreitet. So geschah es immer wieder auf
den Universitäten. Diese haben auch einige Male, und zwar in entscheidenden Fällen,
selbst das Neue ursprünglich in Bewegung gebracht. Die größte Erscheinung ist die
Kantische Philosophie, dann die in deren Gefolge auftretende Philosophie des deut-
schen Idealismus. Im 19. Jahrhundert sind die historischen und die Naturwissenschaf-
ten fast in allem Neuen von der Universität abhängig gewesen.
b) Das Absinken der Idee in der Institution245
Die guten Einrichtungen der Universität haben als solche schon die Tendenz zu einer
Verkehrung ihres Sinnes.
Die Institution hat die Tendenz, sich selbst zum Endzweck zu machen. Daß sie un-
erläßliche Lebensbedingung für den Fortgang und die Überlieferung der Forschung
ist, verlangt zwar, ihr Dasein unter allen Umständen zu erhalten, verlangt aber auch
die ständige Prüfung, ob ihr Sinn als Mittel dem Zweck der Verwirklichung der Idee
entspricht. Aber eine Verwaltungsorganisation will als solche beharren. -
Die Institution wird leicht das Werkzeug des Machtwillens von Forschern, die ihr
Ansehen, ihre Beziehungen zum Staat und ihre Freundschaften benutzen, um die ih-
nen erwünschten Menschen, ihre »Schule«, mehr oder weniger rücksichtslos zu för-
dern. Die Herrschaft der Schulhäupter ist seit Hegel ein ständiger Gegenstand der An-
klage.

123 | c) Institution und Persönlichkeit
Es ist kennzeichnend für Menschen, die an einer Reform der Organisation arbeiten,
wie sie an Persönlichkeiten glauben und wie an Institutionen. Persönlichkeiten allein
beseelen die Institution. Aber die alten noch gegenwärtigen Institutionen enthalten
in ihrem Dasein tiefe Weisheit, wenn sie von den gegenwärtigen Menschen gespürt
wird. Institution und Persönlichkeit sind aufeinander angewiesen.
1. In der Institution werden zweckhafte Mechanismen erdacht, um den Gang der
Geschäfte sicherer und zwangsläufiger zu machen. Diese sind die Formen, die als For-
men, solange sie nicht bewußt geändert werden, weiter unantastbare Geltung haben.
 
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