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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0557
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482

Stellenkommentar

203 Der italienische Philosoph Giordano (eigtl. Filippo) Bruno (1548-1600) wurde aufgrund
seiner philosophischen Überzeugungen wegen Ketzerei von der Inquisition in Venedig ver-
haftet und nach siebenjähriger Haft 1600 in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Be-
reits 1576 hatte man dem früheren Dominikaner und Priester in Neapel Ketzerei vorgewor-
fen, woraufhin Bruno Italien verlassen und ein Wanderleben aufgenommen hatte. Bruno
wurde in seinem Denken u.a. von Lukrez, Plotin, Paracelsus und Nikolaus Cusanus beein-
flusst und verband naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit epikureischen, stoischen und
neuplatonischen Elementen. Dabei vertrat Bruno die heliozentrische Theorie von Koper-
nikus und entwickelte ein pantheistisches Weltbild. Seine Verurteilung wurde vor allem
mit der Ablehnung der Trinität und eines personalen Gottes begründet. Hauptwerke: De la
causa, principio et uno (1584; Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen); De l'infinito, uni-
verso e mondi (1584; Zwiegespräche vom unendlichen All und den Welten); Degli eorici furori
(15 85; Heroische Leidenschaften).
204 Der Ursprung dieses Begriffs ist ungewiss. 1537 wurde er von dem Renaissance-Mathemati-
ker Niccolö Tartaglia (1499-1557) als Titel eines Buches über Ballistik verwendet (La nova
scientia). Für die Geisteswissenschaften bedeutsam wurde der Ausdruck hingegen v.a. durch
Giambattista Vico (1668-1744), der ihn in seinem geschichtsphilosophischen Hauptwerk
Principi di una scienza nuova d’intorno alla comune natura delle nazioni (Grundzüge einer neuen
Wissenschaft über die Natur der Völker) von 1725 gebrauchte. In der Neuausgabe der Schrift
von 1744 legte Vico die Prinzipien der neuen Wissenschaft dar und prägte das Paradigma,
dass letztlich nur das von Menschen Hervorgebrachte als wahr und erkennbar gelten könne,
nicht aber die Natur.
205 Antoine Laurent de Lavoisier (1743-1794); französischer Chemiker, Rechtsanwalt, Haupt-
zollpächter und Leiter der französischen Pulver Verwaltung. Lavoisier gilt als Begründer der
modernen Chemie, weil er erstmals quantitative Methoden (Elementaranalysen) einführte
und mit seiner Erklärung der Verbrennung als Oxidationsprozess die sog. »Phlogistonthe-
orie« endgültig widerlegte.
206 Die »Erhellung« ist ein hermeneutischer Ansatz, den Jaspers unter Weiterentwicklung sei-
ner in der Psychologie der Weltanschauungen als »verstehende Psychologie« bezeichneten
Überlegungen in seinem Hauptwerk Philosophie II: Existenzerhellung als Kern seiner exis-
tenzphilosophischen Konzeption entfaltet hat. Die »Erhellung« ist durch psychologische,
hermeneutische und appellative Züge geprägt. In psychologischer Hinsicht steht sie für
den Versuch, allgemeine psychische Bedingungen und Möglichkeiten der Verwirklichung
möglicher Existenz aufzuweisen. In hermeneutischer Hinsicht will sie der Verstandeser-
kenntnis in ihrem Sinn nicht zugängliche Erfahrungen und antinomische Strukturen des
Seelenlebens durch ein Mitwirken der Introspektion des Lesers fühlbar machen. Sie trägt
insofern einen appellativen Charakterzug, als sie im Leser als »Selbsterhellung« eine Ver-
gewisserung der für die Verwirklichung seiner unvertretbaren Existenz relevanten Seins-
möglichkeiten und ein Offenbarwerden seines singulären individuellen Wollens anregen
und zum bewussten Ergreifen seiner Freiheit, d.h. seines unbedingten, aus sich heraus er-
wachsenden Willens, ermutigen möchte. Während die Existenzerhellung in der Philoso-
phie in struktureller Hinsicht Facetten der »möglichen Existenz« aufzeigt und die Freiheit
des Individuums beschwört, spricht Jaspers in seinem fast zeitgleich erschienenen Werk
Die geistige Situation derzeit auch von einer »Situationserhellung«, deren Ziel er darin sieht,
»das eigene Werden in der besonderen Situation mit der größten Entschiedenheit bewußt
 
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