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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2012
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Reski, Ralf: Antrittsrede von Herrn Ralf Reski: an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 21. April 2012
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0128
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Ralf Reski

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als Generalist weitgehend unverändert. — Molekulare Geschichtswissenschaften sozu-
sagen.
Zunehmend wird auch von Pflanzenforschern akzeptiert, dass der evolutionäre
Vergleich von Genen und Entwicklungsvorgängen der Schlüssel zu ihrem Verständ-
nis ist. Oder, um es mit den Worten Dobzhanskys zu sagen: „Nothing in biology
makes sense except in the light of evolution.“
Insofern ist es sehr befriedigend, nicht mit dem Strom geschwommen zu sein,
sondern weitgehend im Alleingang ein neues biologisches Modellsystem etabliert zu
haben.
Der aktuelle wissenschaftliche Durchbruch, der uns mit dem Moos gelang, ist
die Entdeckung einer sehr direkten Art der Genregulation — das Abschalten von
Genen durch micro RNAs. Unsere Arbeit hierzu wird bereits breit zitiert — auch in
der Literatur über Krebsentstehung oder über neurologische Erkrankungen, so dass
ich zuversichtlich bin, dass wir ein Ergebnis von größerer Bedeutung erzielt haben.
Ich glaube, dass wir dankbar sein sollten für die Möglichkeiten, die uns mit
unserer Berufung gegeben wurden — dankbar gegenüber unserem wissenschaftlichen
System und dankbar gegenüber der Gesellschaft, die uns mit Steuergeldern alimen-
tiert.
Dies ist für mich der Antrieb, mich in der akademischen Selbstverwaltung zu
engagieren, sei es als Dekan oder zur Zeit als Sprecher des Senates, für die Deutsche
Forschungsgemeinschaft als SFB-Gutachter oder in einer Steuerungsgruppe zur
Programmevaluation, aber auch in der Politikberatung, so zum Beispiel im Innova-
tionsrat des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger.
Ich bin überzeugt, dass niemand Mitglied dieser Akademie wird, der oder die
immer mainstream war. Insofern können Sie besser als viele Andere ermessen, dass
das, was ich hier skizzierte nicht immer gradlinig und leichtfüßig war.
Ohne meine Frau, ebenfalls promovierte Biologin, wäre dieserWeg nicht mög-
lich gewesen. Sie ist immer noch Trösterin und Ratgeberin. Sie und unsere beiden
Söhne lehren mich immer wieder, dass das Leben noch ganz andere wunderschöne
Seiten hat.
Die Erwähnung meines „Migrationshintergrundes“ sollte mehr sein als reine
Effekthascherei. Um es mit Hanah Arendt zu sagen: „Die Mehrzahl ist das Gesetz der
Erde.“ Gerade in den Wissenschaften sollten wir bei zu viel Gleichförmigkeit — wis-
senschaftlich wie personell — misstrauisch werden und stattdessen den „Andersarti-
gen“ zuhören.

Genau dies scheint mir der Geist unserer Akademie zu sein. Deshalb danke ich Ihnen
für Ihr Vertrauen und freue mich auf eine anregende Zeit mit Ihnen.
 
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