I. Jahresfeier am 21. Mai 2016
ausbreitete. Es ist möglich, dass die bronzezeitliche Pest die frühen Ackerbauern
Europas stärker beeinträchtigte als die Nomaden der pontischen Steppe. Letzte-
re lebten eventuell seit Jahrhunderten mit dem Pesterreger, der heutzutage ende-
misch in Nagetieren der Steppe vorkommt, und hatten daher möglicherweise eine
hoehere Immunität. Ein seuchenbedingter Zusammenbruch der Ackerbauern
Europas könnte wiederum ein Populationsvakuum verursacht haben, in das die
Steppen-Nomaden vordringen konnten. Es ist auch vorstellbar, dass sowohl die
Wirtschaftsweise als auch die kriegerischen Auseinandersetzungen sowie Krank-
heiten gemeinsam für den Bevölkerungsumbruch vor ca. 4.800 Jahren in Europa
verantwortlich waren.
Dunkle Haut und blaue Augen - Das Erscheinungsbild der frühen Europäer
Die Analyse der alten Genome aus unterschiedlichen Zeitpunkten in der Vorge-
schichte erlaubt es auch, Veränderungen im Aussehen der frühen Europäer im
Laufe der Zeit zu bestimmen (Mathieson et al. 2015). So gibt es genetische Vari-
anten, die bestimmte Phänotypen verursachen und in hoher Frequenz in heutigen
Europäern zu finden sind. Ein Beispiel wäre das Gen HERC2, das in einer mutier-
ten Form den jeweiligen Trägern dieser Mutation eine helle Augenfarbe verleiht.
Die Analyse von alten menschlichen Genomen zeigt, dass alle bisher untersuchten
Jäger und Sammler Europas vom Ende der letzten Eiszeit vor ca. 14.500 Jahren bis
zum Beginn des Neolithikums vor ca. 7.500 Jahren eine helle Augenfarbe besessen
haben. Zugleich war die Hautfarbe der meisten dieser frühen Europäer allerdings
kaum von der Hautfarbe heutiger Afrikaner zu unterscheiden. Die für die heuti-
gen Europäer typische helle Haut breitete sich erst mit den frühen Ackerbauern
aus dem Nahen Osten aus und verbreitete sich vor allem während der Bronzezeit
im fünften Jahrtausend vor heute in ganz Europa. Es wird spekuliert, ob es sich
bei der Ausbreitung der hellen Hautfarbe um eine Anpassung an das Leben als
Ackerbauern in Europa handelt: Über die Nahrung nehmen Ackerbauern - im
Gegensatz zu Jägern und Sammlern - nur geringe Mengen Vitamin D auf. Die-
ses Vitamin ist wichtig für den Aufbau der Knochen und des Immunsystems und
kann, im Gegensatz zu anderen Vitaminen vom Körper des Menschen mit Hilfe
von Sonneneinstrahlung selbst hergestellt werden. Eine stark pigmentierte Haut
lässt weniger UV-Licht durch und verursacht somit auch eine verringerte Vitamin-
D-Produktion. In den meisten Regionen der Erde, in der Landwirtschaft betrieben
werden kann, scheint jedoch auch im Winter genügend Sonne, um ausreichend
Vitamin D über die Haut zu produzieren. Mitteleuropa und vor allem Skandinavi-
en bilden geografische Ausnahmen, sodass hier eine dunkle Haut vermutlich einen
Mangel an Vitamin D nach sich ziehen würde (Jablonski and Chaplin 2002). Wäh-
rend das Klima in Europa aufgrund des Golfstroms zwar besonders mild ist und
auch in nördlichen Breiten ganzjährigen Ackerbau ermöglicht, führen allerdings
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ausbreitete. Es ist möglich, dass die bronzezeitliche Pest die frühen Ackerbauern
Europas stärker beeinträchtigte als die Nomaden der pontischen Steppe. Letzte-
re lebten eventuell seit Jahrhunderten mit dem Pesterreger, der heutzutage ende-
misch in Nagetieren der Steppe vorkommt, und hatten daher möglicherweise eine
hoehere Immunität. Ein seuchenbedingter Zusammenbruch der Ackerbauern
Europas könnte wiederum ein Populationsvakuum verursacht haben, in das die
Steppen-Nomaden vordringen konnten. Es ist auch vorstellbar, dass sowohl die
Wirtschaftsweise als auch die kriegerischen Auseinandersetzungen sowie Krank-
heiten gemeinsam für den Bevölkerungsumbruch vor ca. 4.800 Jahren in Europa
verantwortlich waren.
Dunkle Haut und blaue Augen - Das Erscheinungsbild der frühen Europäer
Die Analyse der alten Genome aus unterschiedlichen Zeitpunkten in der Vorge-
schichte erlaubt es auch, Veränderungen im Aussehen der frühen Europäer im
Laufe der Zeit zu bestimmen (Mathieson et al. 2015). So gibt es genetische Vari-
anten, die bestimmte Phänotypen verursachen und in hoher Frequenz in heutigen
Europäern zu finden sind. Ein Beispiel wäre das Gen HERC2, das in einer mutier-
ten Form den jeweiligen Trägern dieser Mutation eine helle Augenfarbe verleiht.
Die Analyse von alten menschlichen Genomen zeigt, dass alle bisher untersuchten
Jäger und Sammler Europas vom Ende der letzten Eiszeit vor ca. 14.500 Jahren bis
zum Beginn des Neolithikums vor ca. 7.500 Jahren eine helle Augenfarbe besessen
haben. Zugleich war die Hautfarbe der meisten dieser frühen Europäer allerdings
kaum von der Hautfarbe heutiger Afrikaner zu unterscheiden. Die für die heuti-
gen Europäer typische helle Haut breitete sich erst mit den frühen Ackerbauern
aus dem Nahen Osten aus und verbreitete sich vor allem während der Bronzezeit
im fünften Jahrtausend vor heute in ganz Europa. Es wird spekuliert, ob es sich
bei der Ausbreitung der hellen Hautfarbe um eine Anpassung an das Leben als
Ackerbauern in Europa handelt: Über die Nahrung nehmen Ackerbauern - im
Gegensatz zu Jägern und Sammlern - nur geringe Mengen Vitamin D auf. Die-
ses Vitamin ist wichtig für den Aufbau der Knochen und des Immunsystems und
kann, im Gegensatz zu anderen Vitaminen vom Körper des Menschen mit Hilfe
von Sonneneinstrahlung selbst hergestellt werden. Eine stark pigmentierte Haut
lässt weniger UV-Licht durch und verursacht somit auch eine verringerte Vitamin-
D-Produktion. In den meisten Regionen der Erde, in der Landwirtschaft betrieben
werden kann, scheint jedoch auch im Winter genügend Sonne, um ausreichend
Vitamin D über die Haut zu produzieren. Mitteleuropa und vor allem Skandinavi-
en bilden geografische Ausnahmen, sodass hier eine dunkle Haut vermutlich einen
Mangel an Vitamin D nach sich ziehen würde (Jablonski and Chaplin 2002). Wäh-
rend das Klima in Europa aufgrund des Golfstroms zwar besonders mild ist und
auch in nördlichen Breiten ganzjährigen Ackerbau ermöglicht, führen allerdings
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