1. Zeiten des Umbruchs? (WIN-Programm)
der Rlb-Linie gehörten, eine Linie, die ab dem Endneolithikum in Europa an
Häufigkeit gewann und heutzutage die am häufigsten vertretene Linie in westeu-
ropäischen Männern ist.
Durch Bestimmung des Verwandschaftskoeffizienten zwischen Paaren von
Individuen sowie der mütterlich vererbten mtDNA und des väterlich vererbten
Y-Chromosoms konnten wir den Verwandtschaftsgrad der Individuen einschät-
zen. Dabei stellte sich heraus, dass besonders viele verwandtschaftliche Verbindun-
gen innerhalb von Gräberfeldern auftraten. So ließen sich auch einige vermutete
Eltern-Kind- oder Geschwisterverhältnisse bestätigen. Ein interessantes Bild er-
gab sich bei Betrachtung des Gräberfeldes Postillionstraße: Hier fand sich eine
Generationenabfolge von Männern, die dieselbe Y-Chromosomlinie trugen und
einen hohen Verwandtschaftskoeffizienten miteinander und mit vielen anderen
Individuen des Gräberfeldes teilten. Es lässt vermuten, dass es sich hierbei um die
„Patriarchen“ der hier begrabenen Kommune handelt, was wiederrum das durch
Strontiumisotopie und mtDNA-Analysen nahegelegte Bild von Patrilokalität und
Exogamie bekräftigt.
Daten von sechs der Glockenbecherindividuen des Lechtals wurden einem
Projekt von Inigo Olalde und Kollegen in Harvard beigesteuert, das auf die Genese
und Verbreitung des Glockenbecherphänomens fokussiert und unsere Augsburger
Daten in eine überregionale, europäische Perspektive einbettet.
Zudem wurde die Prozessierung der Proben von 50 weiteren Individuen aus
dem in die späte Frühbronzezeit datierenden Gräberfeld von Kleinaitingen und
dem mittelbronzezeitlichen Gräberfeld von Oberottmarshausen begonnen. An
diesen soll auch ein SNP-Capture durchgeführt werden, um Vergleiche innerhalb
des Lechtals sowie mit anderen prähistorischen und modernen Populationen zu
ermöglichen. So wird der Fokus unserer Analysen im Jahr 2017 auf der Beschrei-
bung von Kontinuität bzw. Wandel der Population in dieser Mikroregion von
Endneolithikum bis zur Mittelbronzezeit liegen. Mittels Verwandtschaftsanalysen
möchten wir hochaufgelöste Genealogien dieser urgeschichtlichen Gemeinschaf-
ten zu erstellen.
Von größter Bedeutung war die Identifikation von Yersinia pestis in zwei In-
dividuen aus dem Lechtal südlich von Augsburg. Bei diesem Bakterium handelt
es sich um den Verursacher der Beulenpest (Andrades Valtuena et al. 2016). Von
Rasmussen und Kollegen konnte zuvor anhand der Rekonstruktion zweier Pest-
genome aus Zentralasien gezeigt werden, dass Menschen bereits im 3. Jahrtausend
v. Chr., also lange vor den historisch dokumentierten Pestpandemien, mit diesem
Bakterium infiziert waren. Für die Individuen des Lechtals waren wir in der La-
ge, durch tiefe Sequenzierung über 90 % des Pestgenoms zu rekonstruieren. Es
konnte somit erstmals gezeigt werden, dass die Pest im Verlauf des 3. Jahrtausends
aus den eurasischen Steppen bis nach Mitteleuropa vordringen konnte. Darüber
hinaus waren wir in der Lage, mit Hilfe phylogenetischer Analysen die Verwandt-
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der Rlb-Linie gehörten, eine Linie, die ab dem Endneolithikum in Europa an
Häufigkeit gewann und heutzutage die am häufigsten vertretene Linie in westeu-
ropäischen Männern ist.
Durch Bestimmung des Verwandschaftskoeffizienten zwischen Paaren von
Individuen sowie der mütterlich vererbten mtDNA und des väterlich vererbten
Y-Chromosoms konnten wir den Verwandtschaftsgrad der Individuen einschät-
zen. Dabei stellte sich heraus, dass besonders viele verwandtschaftliche Verbindun-
gen innerhalb von Gräberfeldern auftraten. So ließen sich auch einige vermutete
Eltern-Kind- oder Geschwisterverhältnisse bestätigen. Ein interessantes Bild er-
gab sich bei Betrachtung des Gräberfeldes Postillionstraße: Hier fand sich eine
Generationenabfolge von Männern, die dieselbe Y-Chromosomlinie trugen und
einen hohen Verwandtschaftskoeffizienten miteinander und mit vielen anderen
Individuen des Gräberfeldes teilten. Es lässt vermuten, dass es sich hierbei um die
„Patriarchen“ der hier begrabenen Kommune handelt, was wiederrum das durch
Strontiumisotopie und mtDNA-Analysen nahegelegte Bild von Patrilokalität und
Exogamie bekräftigt.
Daten von sechs der Glockenbecherindividuen des Lechtals wurden einem
Projekt von Inigo Olalde und Kollegen in Harvard beigesteuert, das auf die Genese
und Verbreitung des Glockenbecherphänomens fokussiert und unsere Augsburger
Daten in eine überregionale, europäische Perspektive einbettet.
Zudem wurde die Prozessierung der Proben von 50 weiteren Individuen aus
dem in die späte Frühbronzezeit datierenden Gräberfeld von Kleinaitingen und
dem mittelbronzezeitlichen Gräberfeld von Oberottmarshausen begonnen. An
diesen soll auch ein SNP-Capture durchgeführt werden, um Vergleiche innerhalb
des Lechtals sowie mit anderen prähistorischen und modernen Populationen zu
ermöglichen. So wird der Fokus unserer Analysen im Jahr 2017 auf der Beschrei-
bung von Kontinuität bzw. Wandel der Population in dieser Mikroregion von
Endneolithikum bis zur Mittelbronzezeit liegen. Mittels Verwandtschaftsanalysen
möchten wir hochaufgelöste Genealogien dieser urgeschichtlichen Gemeinschaf-
ten zu erstellen.
Von größter Bedeutung war die Identifikation von Yersinia pestis in zwei In-
dividuen aus dem Lechtal südlich von Augsburg. Bei diesem Bakterium handelt
es sich um den Verursacher der Beulenpest (Andrades Valtuena et al. 2016). Von
Rasmussen und Kollegen konnte zuvor anhand der Rekonstruktion zweier Pest-
genome aus Zentralasien gezeigt werden, dass Menschen bereits im 3. Jahrtausend
v. Chr., also lange vor den historisch dokumentierten Pestpandemien, mit diesem
Bakterium infiziert waren. Für die Individuen des Lechtals waren wir in der La-
ge, durch tiefe Sequenzierung über 90 % des Pestgenoms zu rekonstruieren. Es
konnte somit erstmals gezeigt werden, dass die Pest im Verlauf des 3. Jahrtausends
aus den eurasischen Steppen bis nach Mitteleuropa vordringen konnte. Darüber
hinaus waren wir in der Lage, mit Hilfe phylogenetischer Analysen die Verwandt-
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