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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI Kapitel:
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
DOI Kapitel:
III. Akademiekonferenzen
DOI Artikel:
Molnár-Gábor, Fruzsina; Dampc, Adam; Fischer, Kimberley: Freiheit und Verantwortung - Verfassung und Menschenrechte in Ungarn und in Deutschland im Wandel der Zeit: internationale Akademiekonferenz am 24. und 25. November 2016
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0278
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Akademiekonferenz „Freiheit und Verantwortung

die Presse in einer zunehmenden Digitalisierung und in der Debatte um Satire
neuen Herausforderungen ausgesetzt. Er merkte an, dass die Abwägung von
Pressefreiheit und Sicherheit Schwierigkeiten bereite, und dass das Recht auf
persönliche Ehre stets gegen die Freiheit von Meinung und Kunst abgewogen
werden müsse. Dabei müsse der Rechtsstaat es auch in Kauf nehmen, wenn Satire,
die die Grenzen des guten Geschmacks verlässt, nicht sanktioniert wird.
Der zweite Tag des Symposiums begann mit Fragestellungen zur Freizügigkeit,
zum Asyl und zu kulturell-religiöser Vielfalt. Prof Dr. Pal Sonnevend, Eötvös-
Loränd-Universität Budapest, hob hervor, dass das Asylrecht in der ungarischen
Verfassung nur schwach ausgeprägt sei, Ungarn allerdings die Genfer
Flüchtlingskonvention berücksichtige. Er erläuterte verschiedene Entwicklungen
im ungarischen Asylrecht. Unter anderem stellte er ein 2015 verabschiedetes
Notstandsgesetz dar, das zur Implementierung eines beschleunigten Asylverfahrens
führte. In Deutschland wiederum ist das Asylrecht durch neue Richtlinien und
Verordnungen seit den 1990er Jahren immer komplexer geworden, stellte Prof.
Dr. Kay Hailbronner, Universität Konstanz, fest. Die aktuell geltende Dublin-III-
Verordnung sei unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht sachgerecht.
Die Behandlung von Bootsflüchtlingen sei eine humanitäre und rechtliche
Herausforderung. In der anschließenden Diskussion wurde die Notwendigkeit
von Reformen betont, auch wenn eine Dublin-IV-Verordnung derzeit politisch
nicht realisierbar sei.
Im vierten Block stellte Dr. Peter Daräk, Präsident des obersten Gerichtshofs
in Ungarn, die Kompetenzen dieses Gerichts, der Kurie, nach der Reform im Jahr
2011 dar. Einen Schwerpunkt legte er dabei auf die Verfassungsbeschwerde und die
Normenkontrolle. Anhand von Rechtsprechung wurde deren Relevanz erläutert
und abschließend ein Fazit nach fünf Jahren Erfahrung gezogen. Besonders
warnte er davor, dass der Konflikt zwischen den Rechtsinstitutionen nicht zu
Lasten des Grundrechtsschutzes ausgetragen werden dürfe. Er stellte jedoch fest,
dass sich der Grundrechtsschutz durch eine Erweiterung des Prüfungsumfangs
des Verfassungsgerichts sowie die Verfassungsmäßigkeit letztinstanzlicher Urteile
positiv entwickelt hat. In diesem Zusammenhang hob das Verfassungsgericht einige
Urteile der Kurie auf, die die Presse- und Meinungsfreiheit nicht hinreichend
würdigten. Dr. Ulrich Maidowski, Richter am Bundesverfassungsgericht,
gewährte anschließend einen Einblick in die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts
und in den praktischen Ablauf einer Verfassungsbeschwerde. Er betonte, dass
obwohl 95 % aller Verfassungsbeschwerden abgewiesen werden würden, das
Bundesverfassungsgericht großes Vertrauen innerhalb der Bevölkerung genießt und
die Richter sich dessen bewusst seien. Die abgewiesenen Verfassungsbeschwerden
deuten allerdings auf wichtige gesellschaftliche Themen hin. Er verwies auf
die Vielfältigkeit von Meinungen im Senat, die eine gegenseitige Kontrolle und
Ergänzung bei der Urteilsfindung ermöglicht.
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