D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
Barbara Beßlich
Antrittsrede vom 23. April 2016
Herr Präsident,
sehr geehrte Herren Sekretäre,
meine Damen und Herren,
es ist mir Freude und Ehre gleichermaßen, mich in
diesem Rahmen Ihnen vorstellen zu dürfen. Gebo-
ren bin ich 1970 in Bonn und aufgewachsen im be-
schaulichen Stadtteil Bad Godesberg, der zu dieser
Zeit ein eigentümliches Biotop war, bevölkert von
Bundesbeamten, rheinischen Handwerkern und
Diplomaten. In meiner Schulklasse trafen Funke-
mariechcn mit karnevalistischen Ambitionen auf
Botschaftertöchter mit klangvollen Adelstiteln. Das
Miteinander funktionierte gut, weil in diesem Mäd-
chengymnasium soziale Unterschiede für weniger
wichtig erachtet wurden als ein rheinisch gelassener
Katholizismus. Ausschlaggebend für meine Entscheidung zu einem geisteswissen-
schaftlichen Studium waren einerseits ein Geschichtslehrer, der Jens Baggesen und
Raymond Aron las, und andererseits mein Vater, auch so ein Bonner Bundesbe-
amter, der gerne Kunstgeschichte studiert hätte, aber von seiner Familie gedrängt
dann doch Jurist geworden war. Ich fühlte mich in meiner Studienwahl völlig frei
und bin meinen Eltern dafür dankbar.
Mein Grundstudium in Bonn in den Fächern Geschichte, Germanistik und
Philosophie habe ich trotzdem nicht in besonders guter Erinnerung: überfüllte
Seminare, chaotische Anmeldeszenarien einer Massenuniversität mit zersplittern-
den Glastüren und dem Armbruch einer Kommilitonin im Gedränge um einen
Platz, überforderte und desinteressierte Dozenten und ein völlig überpädagogi-
siertes Lehramtsstudium. Gerne habe ich dienstagabends die geschichtsphiloso-
phische Vorlesung von Hans Michael Baumgartner gehört. Ansonsten sind mir
leider eher absonderliche Momente im Gedächtnis geblieben: ein am Katheder
über einem Eichendorff-Gedicht aufschluchzender Professor, der seine Rührung
aber in keiner Weise in eine wissenschaftliche Analyse zu überführen vermochte,
oder eine Vorlesung zur mittelalterlichen Philosophie, die nur stattfand, wenn der
frisch emeritierte Ordinarius mit massivem Klopfen in den Saal geleitet wurde.
Obligatorisches Vorab-Klopfen als akademischer Auftrittsapplaus; das war schon
ein bisschen speziell.
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Barbara Beßlich
Antrittsrede vom 23. April 2016
Herr Präsident,
sehr geehrte Herren Sekretäre,
meine Damen und Herren,
es ist mir Freude und Ehre gleichermaßen, mich in
diesem Rahmen Ihnen vorstellen zu dürfen. Gebo-
ren bin ich 1970 in Bonn und aufgewachsen im be-
schaulichen Stadtteil Bad Godesberg, der zu dieser
Zeit ein eigentümliches Biotop war, bevölkert von
Bundesbeamten, rheinischen Handwerkern und
Diplomaten. In meiner Schulklasse trafen Funke-
mariechcn mit karnevalistischen Ambitionen auf
Botschaftertöchter mit klangvollen Adelstiteln. Das
Miteinander funktionierte gut, weil in diesem Mäd-
chengymnasium soziale Unterschiede für weniger
wichtig erachtet wurden als ein rheinisch gelassener
Katholizismus. Ausschlaggebend für meine Entscheidung zu einem geisteswissen-
schaftlichen Studium waren einerseits ein Geschichtslehrer, der Jens Baggesen und
Raymond Aron las, und andererseits mein Vater, auch so ein Bonner Bundesbe-
amter, der gerne Kunstgeschichte studiert hätte, aber von seiner Familie gedrängt
dann doch Jurist geworden war. Ich fühlte mich in meiner Studienwahl völlig frei
und bin meinen Eltern dafür dankbar.
Mein Grundstudium in Bonn in den Fächern Geschichte, Germanistik und
Philosophie habe ich trotzdem nicht in besonders guter Erinnerung: überfüllte
Seminare, chaotische Anmeldeszenarien einer Massenuniversität mit zersplittern-
den Glastüren und dem Armbruch einer Kommilitonin im Gedränge um einen
Platz, überforderte und desinteressierte Dozenten und ein völlig überpädagogi-
siertes Lehramtsstudium. Gerne habe ich dienstagabends die geschichtsphiloso-
phische Vorlesung von Hans Michael Baumgartner gehört. Ansonsten sind mir
leider eher absonderliche Momente im Gedächtnis geblieben: ein am Katheder
über einem Eichendorff-Gedicht aufschluchzender Professor, der seine Rührung
aber in keiner Weise in eine wissenschaftliche Analyse zu überführen vermochte,
oder eine Vorlesung zur mittelalterlichen Philosophie, die nur stattfand, wenn der
frisch emeritierte Ordinarius mit massivem Klopfen in den Saal geleitet wurde.
Obligatorisches Vorab-Klopfen als akademischer Auftrittsapplaus; das war schon
ein bisschen speziell.
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