D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
dokumentiert auch mein jahrelanges Zaudern, mich endgültig ganz auf die Seite
der Literaturwissenschaft zu begeben. Auch eine weitere Monographie - zu Tho-
mas Mann und Oswald Spengler für die ich Thomas Manns Anstreichungen
und Notizen in seinem Handexemplar des Untergang des Abendlandes auswertete
und für eine Interpretation des Zauberbergs nutzte, veranschaulicht dieses wissen-
schaftliche Zwittertum. Man kann das natürlich auch offensiv wenden und von
einer kulturgeschichtlich orientierten Germanistik sprechen, die ich vertrete. Al-
lerdings fühlte sich diese interdisziplinäre Aufstellung während der akademischen
Lehrjahre manchmal eher wie ein Menetekel der Randständigkeit an. Das Buch
zu Thomas Mann und Oswald Spengler habe ich zwischen Promotion und Ha-
bilitation geschrieben und dafür am Zürcher Thomas Mann-Archiv gearbeitet. Es
hat mir damals gut getan zwischen den beiden Qualifikationsschriften eine Studie
zu konzipieren, die nicht darauf angelegt war, begutachtet zu werden. Ich habe
sie deshalb für mich auch mein Spaß-Buch genannt und erinnere mich gern an
diese Zeit. Die Atmosphäre im Deutschen Seminar in Freiburg habe ich als geistig
befruchtend und inspirierend wahrgenommen. Für viele wichtige Impulse und
engagierte Förderung bin ich Jochen Schmidt und ganz besonders Werner Frick
sehr verbunden.
Dass mein Napoleon-Buch von der Heidelberger Akademie der Wissenschaf-
ten 2007 mit dem Walter-Witzenmann-Preis bedacht wurde, hat mich geehrt und
war für mich damals auch ein gutes Omen, denn es folgte 2008 der Ruf nach
Heidelberg auf den Lehrstuhl für neuere deutsche Literatur als Nachfolgerin von
Dieter Borchmeyer. Nach Heidelberg bin ich 2008 mit meinem Lebensgefährten
Malte Graßhof gezogen, den ich seit der Bonner Schulzeit kenne. Während ich
in Freiburg promovierte und habilitierte, hat er als Jurist verschiedene Stationen
in der Justiz Baden-Württembergs absolviert. Derzeit ist er Präsident des Verwal-
tungsgerichts in Sigmaringen und wir führen mit Hauptwohnsitz in Heidelberg
eine Pendclbeziehung, wie sie ja für viele Paare in der Wissenschaft Alltag ist. Hier
in Heidelberg bin ich nun seit 2008, fühle mich mittlerweile sehr wohl und hadere
nur noch gelegentlich damit, dass meine Wohn- und Arbeitsorte immer kleiner
werden: Von Bonn mit seinen 300.000 Einwohnern ausgezogen, bin ich, mit Sta-
tion im noch 220.000 Einwohner starken Freiburg, nun schließlich im „Weltdorf“
Heidelberg gelandet. Der etwas herbe Charme der Kurpfälzer Mentalität erschloss
sich mir als Rheinländerin, die sich enthusiastisch badisch akklimatisiert hatte, nur
allmählich.
Viel Freude hat es mir gebracht, in Heidelberg eine Forschungskooperation
mit der Universite Paris-Sorbonne aufzubauen. Während ich mir in meiner Dis-
sertation die national aggressive Seite der deutschen Kulturkritik angeschaut hatte,
versuchen wir mit den Pariser Kollegen von der Sorbonne, mit Gerard Raulet und
Olivier Agard, in unserem Projekt die Kulturkritik als europäische Erscheinung
zu betrachten. Kulturkritik ist in der Forschung immer wieder als ein spezifisch
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dokumentiert auch mein jahrelanges Zaudern, mich endgültig ganz auf die Seite
der Literaturwissenschaft zu begeben. Auch eine weitere Monographie - zu Tho-
mas Mann und Oswald Spengler für die ich Thomas Manns Anstreichungen
und Notizen in seinem Handexemplar des Untergang des Abendlandes auswertete
und für eine Interpretation des Zauberbergs nutzte, veranschaulicht dieses wissen-
schaftliche Zwittertum. Man kann das natürlich auch offensiv wenden und von
einer kulturgeschichtlich orientierten Germanistik sprechen, die ich vertrete. Al-
lerdings fühlte sich diese interdisziplinäre Aufstellung während der akademischen
Lehrjahre manchmal eher wie ein Menetekel der Randständigkeit an. Das Buch
zu Thomas Mann und Oswald Spengler habe ich zwischen Promotion und Ha-
bilitation geschrieben und dafür am Zürcher Thomas Mann-Archiv gearbeitet. Es
hat mir damals gut getan zwischen den beiden Qualifikationsschriften eine Studie
zu konzipieren, die nicht darauf angelegt war, begutachtet zu werden. Ich habe
sie deshalb für mich auch mein Spaß-Buch genannt und erinnere mich gern an
diese Zeit. Die Atmosphäre im Deutschen Seminar in Freiburg habe ich als geistig
befruchtend und inspirierend wahrgenommen. Für viele wichtige Impulse und
engagierte Förderung bin ich Jochen Schmidt und ganz besonders Werner Frick
sehr verbunden.
Dass mein Napoleon-Buch von der Heidelberger Akademie der Wissenschaf-
ten 2007 mit dem Walter-Witzenmann-Preis bedacht wurde, hat mich geehrt und
war für mich damals auch ein gutes Omen, denn es folgte 2008 der Ruf nach
Heidelberg auf den Lehrstuhl für neuere deutsche Literatur als Nachfolgerin von
Dieter Borchmeyer. Nach Heidelberg bin ich 2008 mit meinem Lebensgefährten
Malte Graßhof gezogen, den ich seit der Bonner Schulzeit kenne. Während ich
in Freiburg promovierte und habilitierte, hat er als Jurist verschiedene Stationen
in der Justiz Baden-Württembergs absolviert. Derzeit ist er Präsident des Verwal-
tungsgerichts in Sigmaringen und wir führen mit Hauptwohnsitz in Heidelberg
eine Pendclbeziehung, wie sie ja für viele Paare in der Wissenschaft Alltag ist. Hier
in Heidelberg bin ich nun seit 2008, fühle mich mittlerweile sehr wohl und hadere
nur noch gelegentlich damit, dass meine Wohn- und Arbeitsorte immer kleiner
werden: Von Bonn mit seinen 300.000 Einwohnern ausgezogen, bin ich, mit Sta-
tion im noch 220.000 Einwohner starken Freiburg, nun schließlich im „Weltdorf“
Heidelberg gelandet. Der etwas herbe Charme der Kurpfälzer Mentalität erschloss
sich mir als Rheinländerin, die sich enthusiastisch badisch akklimatisiert hatte, nur
allmählich.
Viel Freude hat es mir gebracht, in Heidelberg eine Forschungskooperation
mit der Universite Paris-Sorbonne aufzubauen. Während ich mir in meiner Dis-
sertation die national aggressive Seite der deutschen Kulturkritik angeschaut hatte,
versuchen wir mit den Pariser Kollegen von der Sorbonne, mit Gerard Raulet und
Olivier Agard, in unserem Projekt die Kulturkritik als europäische Erscheinung
zu betrachten. Kulturkritik ist in der Forschung immer wieder als ein spezifisch
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