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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
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Männlein-Robert, Irmgard: Antrittsrede vom 29. Oktober 2016
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0302
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Antrittsrede von Irmgard Männlein-Robert

Volkes, bei Michael Erler und zwar über Longin, einen platonischen Philosophen
des 3. Jh. n. Chr. aus Syrien, der aufgrund politischer Involvierung in die rom-
feindliche Politik der Königin Zenobia 272 n. Chr. vom Kaiser Aurelian als Feind
Roms öffentlich hingerichtet wurde. Ich erstellte eine vollständige Sammlung aller
bekannten Fragmente und Testimonien und legte zu Weihnachten 1999 eine Inter-
pretation vor, in der ich die Konvergenz der literaturkritischen Ansätze und Studi-
en Longins mit seinen philosophischen Positionen zu zeigen versuchte (er
wendete etwa literaturkritische Methoden, welche die Philologen im Museion zu
Alexandria für die poetischen Texte Homers erarbeitet hatten, bei seiner Interpre-
tation der Dialoge Platons an). Die in der Person und im CEuvre Longins so enge
Verbindung von Philologie, Literaturkritik und Philosophie hat sich, so viel nur am
Rande, für meine eigenen wissenschaftlichen Interessen als wegweisend und viel-
leicht sogar als programmatisch herausgestellt. Unmittelbar nach Abschluss der
Promotion heiratete ich den Germanisten Jörg Robert, in dem ich schon vorher
und bis zum heutigen Tag einen nicht nur sehr klugen, sondern auch verständnis-
vollen Partner habe, der meine wissenschaftlichen Umtriebe gelassen mitträgt. In
den folgenden Jahren wuchs ich als Assistentin bei Michael Erler in den deutschen
Wissenschaftsbetrieb hinein, konnte zudem aber während eines Visiting Fellow-
ships in Cincinnati/Ohio etwa bei Kathryn Gutzwiller viel über hellenistische
Dichtung dazu lernen. In diesen Jahren standen mir die in England wirkende Lati-
nistin Karla Pollmann wie auch Elisabeth Schuhmann, die damalige Lektorin und
eigentliche Seele des früheren Teubner-Verlags, mit tatkräftigem Rat zur Seite, was
mir sehr wichtig war. Im Jahr 2005 wurde ich von der Würzburger Philosophi-
schen Fakultät mit einer Arbeit über hellenistische Ästhetik und Poetik habilitiert
und erhielt die Venia legendi für Klassische Philologie: Hier standen nun „Stimme,
Schrift und Bild“ (so auch der Titel der Arbeit) als Medien im Fokus einer Unter-
suchung von Texten, die von Homer bis in die Kaiserzeit reichten. Ich versuchte zu
zeigen, dass wir spätestens seit der hellenistischen Zeit (und nicht etwa erst seit
Leonardo da Vinci) mit einem ästhetisch wie medial komplexen paragone zwischen
der Dichtung und der bildenden Kunst resp. deren Vertretern, zu rechnen haben.
Die dabei identifizierte implizite, auf das Medium des Textes fixierte neue Poetik
dieser Zeit manifestiert sich in Epigrammen besonders deutlich, wie sie etwa im
hier in Heidelberg verwahrten berühmten Codex der Anthologia Palatina, aber
auch im damals neu entdeckten Poseidippos-Papyrus überliefert sind. In der für
mein Leben offenbar obligatorischen Verschränkung von beruflich wie privat be-
sonders intensiven Phasen ist für das Jahr 2005 bis 2006 nicht nur der Abschluss
meiner Habilitation und die Arbeit an einem eingeworbenen Post-Habilitations-
Projekt über „Antike Selbstepitaphien“, sondern auch die Geburt unseres Sohnes
Philipp Valentin sowie der Ruf auf den Lehrstuhl für Griechische Philologie nach
Tübingen zu vermerken. Seit dem 1.10.2006, also seit genau zehn Jahren, bin ich
in Tübingen, formal auf dem Lehrstuhl meines verehrten Vorgängers Richard

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