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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0041
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XL

Einleitung des Herausgebers

alledem auf den zum Ende vorgetragenen Appell an die Siegermächte, Deutschland
seine spezifische Ausprägung der Universität nicht »durch aufgezwungene Umgestal-
tung der Institution zu nehmen«. Der humanistische Impetus, mithin das »Deutsche
in unserer Universität« stellt ihm zufolge nichts weniger dar als einen »Versuch der
Menschheit in uns, gerichtet auf etwas Übernationales«.173
Im Ganzen betrachtet lässt sich Jaspers’ Vortrags- und Publikationstätigkeit der ersten
Nachkriegsjahre als Versuch deuten, die Verfehlungen von Universität und Wissen-
schaft in der NS-Zeit aufzuarbeiten und für die klassische deutsche Universitätsidee in
einer Zeit Partei zu ergreifen, in der durch die Besatzungsmächte eine grundlegende
Umstrukturierung nicht nur des Staats-, sondern auch des Bildungswesens zu erwar-
ten war. Augenfällig sind dabei die immer stärkere Bindung des Schicksals des deut-
schen Volkes an eine Rückbesinnung auf das kulturelle Erbe Deutschlands und das Be-
mühen, die Universität als Botschafterin dieses Erbes und Identifikationsobjekt für
eine vermeintlich in einem Wandlungsprozess befindliche Gesellschaft in Stellung zu
bringen.
Kurz bevor Jaspers aus Enttäuschung über das Ausbleiben einer gesellschaftlichen
und politischen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und aus Rücksicht auf seine Frau,
die stark unter den Erinnerungen an die NS-Zeit litt, in die Schweiz übersiedelte,174
hatte er damit begonnen, die angesprochenen Themen durch Reflexionen zu ergän-
zen, die nunmehr stärker auf die zukünftige Entwicklung der Universitätsstrukturen
zugeschnitten waren. So verfasste er 1948 eine weitere hochschulpolitische Stellung-
nahme, diesmal auf Bitte der Redaktion der britischen Times. Im »Educational Supple-
ment« der Zeitung erschien am 7. Februar 1948 der Artikel »Universities in Danger. The
Coherence of Knowledge«,175 in dem Jaspers auf die Gefahren eines Sinnverlusts der
Universität und einer Unterwerfung unter das Verdikt der Nützlichkeit sowie auf die
Bedingungen für den Erhalt der Einheit der Wissenschaften hinweist. Auch finden sich
hierin erste kritische Stellungnahmen zu den hochschulpolitischen Reformbemühun-
gen nach dem Krieg. Dem Artikel folgte im selben Jahr jedoch zunächst kein weiterer
Blick in die Zukunft der Universitäten, sondern ein Beitrag, der zur Besinnung auf den
»übernationalen Sinn« der Universität aufruft.176 Jaspers thematisiert darin die Uni-

173 K. Jaspers: »Die Verantwortlichkeit der Universitäten«, in diesem Band, 216.
174 Jaspers hatte im März 1948 trotz erheblich schlechterer Konditionen als in Heidelberg und inten-
siver Versuche, ihn dort zu halten, einen im Dezember 1947 an ihn ergangenen Ruf an die Uni-
versität Basel angenommen (vgl. hierzu: K. Jaspers: »Von Heidelberg nach Basel« [1967]).
175 Der Text wurde im deutschen Sprachraum nicht veröffentlicht, ist aber unter dem Titel »Die Ge-
fährdung unserer Universität« als Typoskript im Nachlass Jaspers vorhanden; in diesem Band,
222-224.
176 K. Jaspers: »Der übernationale Sinn der abendländischen Universität«, in: Quaestiones academi-
cae hodiernae, Groningen 1949, 9-12; in diesem Band, 225-227.
 
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