LVI
Einleitung des Herausgebers
der Erstausgabe - insbesondere sein Gestaltungswille, die »Wirklichkeitsnähe« seiner
Überlegungen und sein Blick für finanzielle Problemlagen positiv hervorgehoben.255
Medizinische Zeitschriften würdigten mit Blick auf die ärztliche Ausbildung in erster
Linie Jaspers’ Auseinandersetzung mit Begriff und Geltung wissenschaftlicher Er-
kenntnisse.256 Kritische Töne waren hingegen in der pädagogischen Fachpresse zu hö-
ren. In einer in der Monatsschrift Pädagogik erschienenen Rezension wird etwa die Be-
fürchtung geäußert, Jaspers schaffe mit einer Philosophie, die die Wissenschaft aus
der Führung aus dem Einen der Transzendenz orientieren wolle, eine »Einbruchstelle
des Irrationalen«. Auch die von Jaspers konstatierte Gefährdung politischer Freiheit
durch eine »schulmäßige Studienführung« stößt hier auf Skepsis.257
Das Echo auf die dritte Ausgabe der Idee der Universität fiel gegenüber der Nach-
kriegsschrift wieder zurückhaltender aus. In der Zeitschrift Bildung und Erziehung wird
der Band mit der Bemerkung angekündigt, dass den Fachleuten inzwischen die Inhalte
der Schrift so bekannt sein dürften, »dass eine Referierung des Inhaltes unterbleiben«
könne. Dem hohen Anspruch, den Jaspers an die Universität stellt, wird in einer weite-
ren Rezension Vermessenheit attestiert und eine vermeintlich einseitige Ausrichtung
der Universitätsidee auf die Philosophie kritisiert. Auch der Sinn einer Ausgliederung
von »Unterrichtsinstituten«, wie sie Rossmann in seinem Programm fordert, wird in
Frage gestellt. Jaspers und Rossmann entwürfen ein »strahlendes Ideal«, dem aber der
»Katzenjammer der Nichterfüllbarkeit« notwendig folgen müsse.258 Ernst Anrich, ei-
ner der vehementesten Vertreter der neuhumanistischen Universitätsidee, zieht zu-
dem den Sinn eines auf Unterrichtsinstitute gegründeten »Nebenbaus« zur Universi-
tät in Zweifel und moniert, dass zu den konkreten Fragen der Universitätsreform keine
Stellung bezogen werde.259
Während das Interesse der Zeitschriften- und Fachpresse an Jaspers’ Universitäts-
schriften vergleichsweise breit war, fanden seine Äußerungen zur Universitätsidee im
engeren Kreis der deutschen Professorenschaft kaum Resonanz. Nur in wenigen zeit-
nahen Veröffentlichungen zur Universitätsidee 1961 wurden einzelne Positionen von
Jaspers und Rossmann diskutiert, wie die Einrichtung einer technischen Fakultät, die
255 Theo Herrle: »Wahrhaftigkeit: die Vorbedingung aller Wissenschaft«, in: Leipziger Volkszeitung
(1.9.1946).
256 H. W. Gruhle: »Jaspers, Karl: Die Idee der Universität«, in: Der Nervenarzt, Nr. 3 (1947) 139.
257 O.V.: »Bücher und Zeitschriften: Die Idee der Universität«, in: Pädagogik. Beiträge zur Erziehungs-
wissenschaft, Nr. 2 (1946) 59-60.
258 H. Granzow: »Die Idee der Universität, für die gegenwärtige Situation entworfen von Karl Jaspers
und Kurt Rossmann«, in: Bildung und Erziehung, Nr. 6 (1962) 381-383.
259 E. Anrich: »Die Idee der Universität, für die gegenwärtige Situation entworfen von Karl Jaspers
und Kurt Rossmann«, in: Das Historisch-Politische Buch. Ein Wegweiser durch das Schrifttum, Nr. 5-6
(1963) 101-102.
Einleitung des Herausgebers
der Erstausgabe - insbesondere sein Gestaltungswille, die »Wirklichkeitsnähe« seiner
Überlegungen und sein Blick für finanzielle Problemlagen positiv hervorgehoben.255
Medizinische Zeitschriften würdigten mit Blick auf die ärztliche Ausbildung in erster
Linie Jaspers’ Auseinandersetzung mit Begriff und Geltung wissenschaftlicher Er-
kenntnisse.256 Kritische Töne waren hingegen in der pädagogischen Fachpresse zu hö-
ren. In einer in der Monatsschrift Pädagogik erschienenen Rezension wird etwa die Be-
fürchtung geäußert, Jaspers schaffe mit einer Philosophie, die die Wissenschaft aus
der Führung aus dem Einen der Transzendenz orientieren wolle, eine »Einbruchstelle
des Irrationalen«. Auch die von Jaspers konstatierte Gefährdung politischer Freiheit
durch eine »schulmäßige Studienführung« stößt hier auf Skepsis.257
Das Echo auf die dritte Ausgabe der Idee der Universität fiel gegenüber der Nach-
kriegsschrift wieder zurückhaltender aus. In der Zeitschrift Bildung und Erziehung wird
der Band mit der Bemerkung angekündigt, dass den Fachleuten inzwischen die Inhalte
der Schrift so bekannt sein dürften, »dass eine Referierung des Inhaltes unterbleiben«
könne. Dem hohen Anspruch, den Jaspers an die Universität stellt, wird in einer weite-
ren Rezension Vermessenheit attestiert und eine vermeintlich einseitige Ausrichtung
der Universitätsidee auf die Philosophie kritisiert. Auch der Sinn einer Ausgliederung
von »Unterrichtsinstituten«, wie sie Rossmann in seinem Programm fordert, wird in
Frage gestellt. Jaspers und Rossmann entwürfen ein »strahlendes Ideal«, dem aber der
»Katzenjammer der Nichterfüllbarkeit« notwendig folgen müsse.258 Ernst Anrich, ei-
ner der vehementesten Vertreter der neuhumanistischen Universitätsidee, zieht zu-
dem den Sinn eines auf Unterrichtsinstitute gegründeten »Nebenbaus« zur Universi-
tät in Zweifel und moniert, dass zu den konkreten Fragen der Universitätsreform keine
Stellung bezogen werde.259
Während das Interesse der Zeitschriften- und Fachpresse an Jaspers’ Universitäts-
schriften vergleichsweise breit war, fanden seine Äußerungen zur Universitätsidee im
engeren Kreis der deutschen Professorenschaft kaum Resonanz. Nur in wenigen zeit-
nahen Veröffentlichungen zur Universitätsidee 1961 wurden einzelne Positionen von
Jaspers und Rossmann diskutiert, wie die Einrichtung einer technischen Fakultät, die
255 Theo Herrle: »Wahrhaftigkeit: die Vorbedingung aller Wissenschaft«, in: Leipziger Volkszeitung
(1.9.1946).
256 H. W. Gruhle: »Jaspers, Karl: Die Idee der Universität«, in: Der Nervenarzt, Nr. 3 (1947) 139.
257 O.V.: »Bücher und Zeitschriften: Die Idee der Universität«, in: Pädagogik. Beiträge zur Erziehungs-
wissenschaft, Nr. 2 (1946) 59-60.
258 H. Granzow: »Die Idee der Universität, für die gegenwärtige Situation entworfen von Karl Jaspers
und Kurt Rossmann«, in: Bildung und Erziehung, Nr. 6 (1962) 381-383.
259 E. Anrich: »Die Idee der Universität, für die gegenwärtige Situation entworfen von Karl Jaspers
und Kurt Rossmann«, in: Das Historisch-Politische Buch. Ein Wegweiser durch das Schrifttum, Nr. 5-6
(1963) 101-102.