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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0134
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Die Idee der Universität [1923]

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Vorläufig helfen sich die Studenten noch selbst, zum Teil durch äußerste Beschei-
denheit mit sehr geringen Monatswechseln, die der Vater von seinem Gehalt abzieht
oder die sonst irgendwie aufgebracht werden, und durch eigene Arbeit, die jedoch in
der Mehrzahl der Fälle einfach eine Erschwerung des Studiums bedeutet, in günstiger
Lage auch einmal geistig vorteilhaft sein kann. Der Gedanke, den notwendigen Nach-
wuchs an Beamten, Lehrern, Ärzten später durch Stipendien des Staats an Studierende
zu sichern, würde an dem unlösbaren Problem der Auslese die größten Schwierigkei-
ten haben. Bisher und jetzt noch ist die Auslese eine auf dem eigenen Willen der Stu-
denten beruhende. Wem die geistige Durchbildung Entscheidendes bedeutet, wagt 70
mehr dafür, legt sich größere Entbehrungen auf. Der Wegfall der gesellschaftlichen
und ökonomischen Prämie, die früher Ungeeignete zum »standesgemäßen« Studium
lockte, könnte auch zu einem kleinen Teil günstig für die Auslese wirken. Mit der Ab-
hängigkeit vom Stipendium aber fällt die Freiheit, entscheiden Schulzeugnisse und
Strebereigenschaften des Durchschnittsmenschen.
Ebenso gefährlich liegt die Situation für den Nachwuchs der Dozenten. Wenn,
was jetzt unausweichlich ist, der Privatdozent vom Staate ein Existenzminimum be-
kommt, ist der Numerus clausus für Habilitationen unvermeidlich, ist die Rücksicht
auf Bedürfnisfragen, deren man sich gerade bewußt ist, größer als die Rücksicht auf freie
geistige Möglichkeiten, die früher von der Jugend ergriffen werden konnten auch ohne
Zustimmung der älteren Generation. Wenn man eine ökonomische Existenz mit der
Habilitation erreicht, so kann die Geringfügigkeit der Bezüge doch gerade passive, be-
queme und leicht zufriedene Naturen anlocken, braucht nicht bloß von geistig beweg-
lichen, die es wagen und für ihr kontemplatives Dasein ein Opfer zu bringen bereit sind,
in Kauf genommen zu werden. Die Urteile der Professoren und Fakultäten bei Habili-
tationen waren bisher unzuverlässig, die Venia legendi wurde nicht immer mit dem ge-
nügenden Verantwortungsgefühl bewilligt - im Gegensatz zum Verhalten bei Berufun-
gen, wo die Fakultäten aus den vorhandenen Kandidaten durchweg mit bestem Wissen
und gutem Willen aussuchten. Die großen Gefahren des Numerus clausus scheinen je-
doch vermeidbar zu sein. Man darf jedenfalls erstens den Numerus clausus für Habili-
tationen nur für bezahlte Privatdozenten zulassen. Über die Zahl der durch Existenz-
minimum gesicherten Privatdozenten hinaus, außerhalb des Numerus clausus, müßte
Spielraum für freie Habilitationen auf eigenes Risiko bleiben. Wer es wagt und etwas lei-
stet, soll auch neben einer schon größeren Anzahl von Privatdozenten eine Lehrtätig-
keit eröffnen und hungern dürfen. Zwar werden solche freien Habilitationen wohl be-
schränkt bleiben auf den engen Kreis Besitzender, aber auch hier ist Freiheit in wenigen
Fällen besser als nichts. Zur Verhinderung eigentlicher Verbeamtung des Nachwuch-
ses darf zweitens das Recht auf das Existenzminimum nicht als ein dauerndes erwor-
ben werden. Das Risiko - aber ausschließlich das Risiko, ob echte Befähigung zu | wis- 71
senschaftlichen Leistungen da ist - müßte bleiben. Wer dem Durchschnitt der
Ordinarien des Faches entsprechende tüchtige oder gar überragende Leistungen auf-
 
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