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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0138
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Die Idee der Universität [1923]

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lieh auch, weil sie dem Staat sich so sehr ergeben hatten, daß eine weithin sichtbare
sittliche, heroische Haltung unter den Professoren geschwunden war. Denn für die
verehrungswürdigen Männer einsamen, würdigen unbestechlichen Wahrheitsfor-
schens, das ihrem Leben Struktur und Bildung gab, hatte die Menge kein Interesse.
Die staatliche Verwaltung ist unausweichlich, wenn wie heute der Staat das Geld
für die Universität gibt. Doch ist sie anders als jede sonstige Staatsverwaltung, denn
die Universität ist auch heute und immer der Idee nach eine selbständige Korporation,
die sich selbst verwaltet, die jedoch der Kontrolle des Staates untersteht und die ihre
Mittel nur bekommt, wenn sie sie beim Staat erbittet, dem sie deren Zweck und Ver-
wendung begründet. Die staatliche Kontrolle birgt Gefahren für die Universitätsidee,
aber auch erhebliche Vorteile. Letztere bestehen vor allem in der Gegenwirkung, so-
bald an der Universität nach der Eigengesetzlichkeit aller Korporationen sich Kliquen-
wesen und unsachliche Motive geltend machen - entscheidend ist eigentlich immer
nur die Auswahl der Personen, insbesondere bei Berufungen.
Eine Kontrollinstanz ist für die Universität geradezu nötig. Das kann der Staat,
könnte auch ein mit entsprechenden Machtbefugnissen ausgestatteter Kurator sein,
dem eine, seine Universität lebenslänglich zur Obhut anvertraut würde. Es wäre von
großem Vorteil, wenn eine Universität und nicht viele Gegenstand der Fürsorge eines
Mannes wären. Es handelt sich immer darum, die besten Kräfte an einem Ort zu ver-
einigen. In der Geschichte sind die großen geistigen Epochen auf den deutschen Uni-
versitäten meistens von einer einzelnen Universität eingeleitet worden, so war es an-
fangs des 18. Jahrhunderts Halle, dann Göttingen, dann gegen Ende des Jahrhunderts
Jena, dann zu Beginn des 19. Jahrhunderts das neugegründete Berlin. Es gibt einen
Geist der einzelnen Universität, einen Genius loci,105 der nur als Hintergrund eine hi-
storische Atmosphäre hat, in Wahrheit jederzeit lebendig sein, neugeschaffen werden
muß. Sofern überhaupt in einer Zeit Bedingungen dafür gegeben sind, könnte ein Ku-
rator der Universität sehr viel tun, falls er Sinn und Instinkt | hat. Gelingt es ihm, so
vermag die Anziehungskraft eines Ortes gerade für junge frische Kräfte so groß zu wer-
den, daß ein wirkliches Leben, eine schöpferische Zeit an dieser einzelnen Universität
anbricht. Während die gleichmäßige Verwaltung vieler von einer Zentrale aus, falls
sie wirklich ausgleichend gehandhabt wird, den Verschulungsprozeß zu fördern ten-
diert. Allerdings kann eine solche Zentrale faktisch eine Universität geistig besonders
bevorzugen und einem starken Genius loci nachgeben, sie kann ausgleichend an ein-
zelnen Hochschulen eine einzelne Fachwissenschaft oder ganze geistige Gebiete durch
Versammlung einer größeren Zahl hervorragendster Persönlichkeiten zum höchst-
möglichen Gedeihen bringen. Der Agon der Universitäten untereinander ist ein schö-
ner Ansporn zur Anstrengung der Kräfte, zumal mehrere zugleich hohen Rang und
jede in der Rangordnung irgendwo ihren Platz und Wert haben kann. Der Gedanke,
man solle die Männer von Rang verteilen, weil sie dann mehr zur Geltung kämen, der
Gedanke etwa insbesondere für die Philosophie, an einer Universität müsse ein Philo-

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