Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0146
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
... könnte wieder eine Rangordnung im geistigen Leben fühlbar werden

71

Die deutsche Universitätsidee steht nicht mehr unangetastet; sie wird geleugnet und
zerstört von Mächten, die schon an der Universität selbst einen Raum einnehmen.122
Gegenwärtige Reformpläne sind daher zu befragen, ob sie nicht eine Verwandlung der
deutschen Universität in die Allerweltsuniversität als bloße Schule bewirken oder gar
bewirken wollen. Wir müssen ausschauen, wo die politische Macht ist, die gegen die
Bodenlosigkeit intellektueller Spielerei und gegen die Verschulungstendenzen der
Menge unser eigenstes deutsches Gut, die Substanz unserer geistigen Tradition, die zu-
gleich Weltgeltung hat, zu ihrer Sache macht.
7. Wohl ist der Sinn menschlichen Tuns mit den wirtschaftlichen und gesellschaft-
lichen Voraussetzungen verflochten, in denen es sich verwirklicht; sind sie fraglos si-
cher, so breitet sich der Sinn aus und vergißt seine Bedingtheiten; werden sie unsicher,
beginnen sie gar zu wanken, so scheinen die Maßstäbe in der Hand zu zerbröckeln; es
ist, als ob sie von unsichtbaren Mächten nicht nur unwirksam gemacht, sondern zer-
schlagen würden. Aber das ist eine Täuschung; denn es kommt darauf an, in dem Strom
der Dinge festzuhalten, was stets nur aus anderem Ursprung und oft gegen den Strom
als die eigentliche Wahrheit sich verwirklichen kann.
Der Vorschlag einer Trennung von Universität und Fachhochschule hat für einen
unentschiedenen, nur den Strom sehenden Geist eine Verführung. Er denkt nicht aus
einem Willen, der glaubt, sondern aus einem weichen Scheinrealismus, der Tatbe-
stände als Unausweichlichkeiten festzustellen meint, aber doch nur kapituliert vor
Massenerscheinungen. Ein solcher Geist übt eine unechte Gerechtigkeit, welche, in-
dem sie gutgläubig die Aufgaben verteilt und jeder ihr Recht geben will, vielmehr ah-
nungslos alle ruiniert.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften