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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0160
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Vom lebendigen Geist der Universität 46

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»Dem lebendigen Geist«, so lautet die Inschrift über unserem Kollegiengebäude, die
dort bis 1933 stand und bald wieder stehen wird. Sie stammt von Gundolf.147
Leben und Geist wurden schon längst in eins gesetzt, sei es, daß der Kern des Gei-
stes als Leben, oder daß der Kern des Lebens als Geist galt. »Des Geistes Wirklichkeit
ist Leben« -, sagt Aristoteles,148 und die Umkehrung: Goethe läßt Suleika in ihrem
Glück, vom Dichter geliebt zu werden, singen:
»Denn die Liebe ist das Leben
Und des Lebens Leben Geist.«149
Wir machen uns Gundolfs Wort zu eigen. Die Idee der Universität ist der lebendige
Geist.
Ständig fällt die reale Universität ab von ihrer Idee. In keiner Zeit war sie vollendet.
Sie muß unruhig sein, wenn sie sich an dem Maßstab sieht, dem sie nicht Genüge tut.
Wir dürfen zuversichtlich sein nur aus der Kraft unseres geistigen Aufschwungs und
in dem Maße unserer Anstrengungen für die jederzeit notwendige Wiederherstellung.
Vom lebendigen Geist der Universität spreche ich daher in drei Abschnitten: erstens
in einer allgemeinen Charakteristik, zweitens im Blick auf die Geschichte der Univer-
sität, drittens in der Erörterung der Aufgabe, die Universität zu erneuern.

| Charakteristik des lebendigen Geistes der Universität

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Unsere Aufgabe sind die Wissenschaften. Es gilt als selbstverständlich, daß diese Wis-
senschaften mit ihren in Lehrbüchern dargebotenen Ergebnissen gelernt und in den
Examinas geprüft werden, - daß sie nützlich sind für eine Reihe von Berufen, die aka-
demischen Berufe, - und daß jeder sich seinen Beruf und die dazu gehörende Lehre
wählen kann. In einem geordneten Studienplan lernt man in der gehörigen Reihen-
folge, was man braucht. Um das übrige kümmert man sich nicht. Die Universität ist
ein Aggregat von Fachschulen.
Dieser Zustand nun, obgleich er eine Realität ist, und diese Auffassung, obgleich
sie verbreitet ist, sind der Tod des lebendigen Geistes der Universität.
Zwar ist es unumgänglich: Wir werden in den Wissenschaften nur dann heimisch,
wenn wir uns spezialisieren, wenn wir irgendwo das Handwerk bis zur Meisterschaft
lernen, wenn es ein, und sei es noch so kleines, Gebiet des Erkennens gibt, von dem
 
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