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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0228
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Die Idee der Universität [1946]

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gang führt über einen Ordinarius, der die Habilitation bei seiner Fakultät durchsetzen
muß. Die Lehrer haben die Neigung, bei Habilitationen ihre eigenen Schüler zu bevor-
zugen, wenn nicht gar den Zuzug auf sie zu beschränken. Diese ersitzen gleichsam ein
von ihnen fälschlich beanspruchtes Recht auf Habilitation, das der Lehrer aus persön-
licher Sympathie anerkennt. Lehrer werden gesucht, die in dem Rufe stehen, daß sie
für ihre Schüler Stellungen besorgen. Max Weber wollte dem Unheil begegnen durch
den Grundsatz, wer bei einem Professor promoviert habe, müsse bei einem anderen
an einer anderen Universität sich habilitieren. Als er aber diesen gerechten Grundsatz
für seine Schüler verwirklichen wollte, machte er sogleich die Erfahrung, daß einem
seiner Schüler bei dessen Bewerbung anderswo nicht geglaubt wurde, man vielmehr
vermutete, er sei wegen Untauglichkeit durch Max Weber abgelehnt.247 Es bleibt eine
schwere Schuld des Professors, wenn er bei Habilitationen eigene Schüler durch eine
sachliche Überschätzung zur Geltung bringt. Es ist unerläßlich, das Vorliegen bedeu-
tender wissenschaftlicher Leistungen nach Rang und Umfang als Voraussetzung der
Habilitation uneingeschränkt festzuhalten. Sonst führt der Weg zu der Herabentwick-
lung der Universität durch ungünstige Auslese, welche Schülernaturen statt selbstän-
dige Köpfe trifft, eine Beamtenlaufbahn setzt an die Stelle des Wagnisses, sich durch
eigene geistige Leistung Erfolg und Anerkennung im Kreise der Sachverständigen zu
verschaffen. Während viele Lehrer zu bequemen Schülernaturen neigen, die ihnen
nicht über den Kopf wachsen, sollte vielmehr jeder Professor es sich zum Grundsatz
machen, zur Habilitation nur solche Schüler zuzulassen, von denen er erwarten darf,
daß sie mindestens die von ihm selber verwirklichte Leistungshöhe erreichen werden,
und Ausschau zu halten nach dem Besseren, der ihn überflügeln | wird und zuerst ihn
zu fördern, auch wenn er gar nicht sein Schüler ist.
Die Institution wird leicht das Werkzeug des Machtwillens von Forschern, die ihr An-
sehen, ihre Beziehungen zum Staat und ihre Freundschaften benutzen, um die ihnen
erwünschten Menschen, ihre »Schule«, mehr oder weniger rücksichtslos zu fördern. Die
Herrschaft der Schulhäupter ist seit Hegel ein ständiger Gegenstand der Anklage.
Die freie Kommunikation, die der Idee der Universität erwächst, verwandelt sich
unter den persönlichen Bedingungen der Institution oft in bloße Polemik. Eifersucht
und Neid führen zu einem bedingungslosen Verneinen. Im 19. Jahrhundert, auch in
den Zeiten höchster Blüte, grassierte solches Laster. Goethe hat schon diese Krankheit
der Universität gesehen, wenn er die freie Forschung verglich: »Man wird hier wie über-
all finden, daß die Wissenschaften ihren notwendigen, stillen oder lebhaften Fortgang
nehmen, indes es denjenigen, die sich standesgemäß damit beschäftigen, eigentlich um
Besitz und Herrschaft vorzüglich zu tun ist.«248 Und: »Sie hassen und verfolgen sich alle
einander, wie man merkt, um nichts und wieder nichts, denn keiner will den andern
leiden, ob sie gleich alle sehr bequem leben könnten, wenn alle was wären und gälten.«249
Es gehört zu den Maximen eines vernünftigen Universitätslehrers, solche verneinende
Polemik und ihr entspringende Intrigen niemals zu erwidern, sie zu behandeln, als ob

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