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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0229
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Die Idee der Universität [1946]

sie nicht da wären und wenigstens dadurch abzustumpfen, damit soviel wie möglich
ein gedeihliches Zusammenwirken im Interesse der Universität möglich bleibe.
Die institutionell gesicherte Freiheit in Forschung und Lehre, für den Einzelnen ih-
rem Sinne nach unbegrenzt, aber zugleich Ursprung uneingeschränkter Kommunika-
tion, in der jeder der äußersten Infragestellung ausgesetzt wird, hat eine Tendenz, den
Einzelnen in seine Besonderheit einzuschließen, ihn unberührbar zu machen und, statt
ihn zur Kommunikation anzutreiben, vielmehr zu isolieren. Man läßt jedem weitge-
hendste Freiheit, um auf Gegenseitigkeit selbst diese Freiheit zu haben und vor dem Hin-
einreden anderer geschützt zu sein. Man hat das Verhalten von Fakultätsmitgliedern
verglichen mit dem der Affen auf den Palmen im heiligen Hain von Benares: Auf jeder
69 Kokospalme sitzt ein Affe, alle scheinen sehr friedlich und | kümmern sich garnicht um-
einander; wenn aber ein Affe auf die Palme eines anderen klettern möchte, so gibt es
eine wilde Abwehr durch Werfen mit Kokosnüssen.97 Die Tendenz solcher gegenseitiger
Rücksicht geht dahin, schließlich jedem in seinem Bereich seine Willkür und zufällige
Richtung zu erlauben, so daß das Wesentliche der Universität nicht mehr gemeinsame
Angelegenheit, sondern nur jeweils die des Einzelnen ist, während das Gemeinsame
»taktvoll« auf das Formale sich erstreckt. So etwa kommt es vor, daß man jedem Ordina-
rius seine Habilitationen durchgehen läßt, um auch selbst Freiheit hierin zu haben. Man
vermeidet substantielle Kritik. Hier wird die Kommunikation, die geistig ein Kampf um
Klarheit und um das Wesentliche ist, unterbrochen durch eine nach Gesichtspunkten
des Taktes geregelte Beziehung. In diesem Verhalten steckt zwar die Weisheit: daß die
Freiheit des einzelnen Gelehrten bis zur Willkür (vom Standpunkt des Zeitgenossen ge-
sehen) Bedingung seiner produktiven Geistigkeit ist. Daher ist zwar eine diskutierende
Kritik gehörig, aber ein korporatives zwangsmäßiges Einwirken auf die mit Forschung
und Lehre zusammenhängenden Dinge des Einzelnen unerträglich, auch ein solches
Einwirken auf nichtbeamtete Dozenten, ja selbst auf Studenten. Bei allen Dingen, die
über diesen ganz persönlichen Bereich hinaus liegen, wo also ein gemeinsames Inter-
esse der Fakultät oder der Universität vorliegt, ist eine Einwirkung jedoch Pflicht, z.B.
vor allem bei Berufungen und Habilitationen. Und in den persönlichen Bereichen ist
der Idee der Universität entsprechend Aussprache, Diskussion, also echte Kommunika-
tion - die immer nur persönlich, nicht amtlich und formell geschehen kann -, das Zei-
chen von Geistigkeit, und ihre Unbeschränktheit im Fortgang bis zu den Wurzeln, wo
der Mensch im Ganzen in Frage steht, Bedingung der Wahrheit. Es ist verhängnisvoll,
daß die Freiheit die Tendenz weckt, gerade diese eigentliche Freiheit aufzuheben.
2. Die Notwendigkeit der Institution
Diese und andere Mängel, die mit der Institution als solcher auftreten, können nicht
die Notwendigkeit der Institution für die Universitätsidee aufheben. Die Schöpfung
und Existenz des Einzelnen ist in Gefahr, wirkungslos zu vergehen. Sie bedarf der Auf-
 
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