Die Idee der Universität [1946]
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es auf das Prinzip an: Spaltung der Wissenschaften zum Aufbau neuer Fächer ist in dem
Maße zu bejahen, als die abgespaltene Wissenschaft von Ideen beseelt ein Ganzes mit
universalem Horizont entwickelt und dadurch eine Grundwissenschaft bleibt.
Die zweite Weise der Erweiterung ist das Herankommen neuen Stoffes und neuen
Könnens von außen. Sie begehren Einlaß, weil sie zum Kosmos der Wissenschaften
ein unersetzliches Glied beitragen können. Daß dann z.B. Indologie und Sinologie
Grundwissenschaften sind, aber nicht Afrikanistik und Vorgeschichte, das liegt an
dem Gehalt dieser Kulturen.
Die Ausdehnung der Universität verlangt zugleich mit der Erweiterung die Besin-
nung auf die Einheit des Wissens, auf die ständige Erneuerung des Kosmos der Wis-
senschaften. Dazu bedarf es der Sicht auf die Grundwissenschaften in ihrer Verwand-
lung zu neuen Gestalten und Unterscheidungen und bedarf es der Hierarchie der
Wissenschaften, der Abstufung von Grundwissenschaften und Hilfswissenschaften,
von Lehre durch Forschung und von Lehre als didaktischem Unterricht im Wissen und
Können.
Die Ausdehnung der Universität wird zu einer Lebensfrage in der modernen Welt.
Was heute entstanden ist, muß erkannt und Glied im Ganzen der Universität werden.
Es muß sich zeigen, ob die Universität der neuen Welt gewachsen ist, sie in sich aufzu-
nehmen und ihr zu dienen, und ob das neue Können und Wissen sich durchdringen
läßt von dem Geist, der ihm doch eigentlich erst Sinn gibt.
Die drei früheren oberen Fakultäten - Theologie, Jurisprudenz, Medizin - treffen
wohl durch die Jahrtausende bleibende Lebensbereiche, aber sie reichen nicht aus, die
Bereiche des modernen Daseins zu umfassen. Das ist sichtbar an den zahlreichen
Hochschultypen, die außerhalb der Universität gegründet sind: Technische Hoch-
schule, Landwirtschaftliche Hochschule, Tierärztliche Hochschule, Lehrerbildungs-
anstalten, Handelshochschule, Bergakademie u.a. Zeigt sich nicht darin ein Versagen
des Lebens der Universität? Hat sich hier eine geistwidrige Verselbständigung durch-
gesetzt? Es gibt zu denken, daß in der Folge doch das, was der Universität gehört, auch
auf diesen Hochschulen gepflegt wird, und daß sie die | natürliche Tendenz haben,
sich zur Universität zu erweitern, so daß an der Technischen Hochschule auch die gei-
steswissenschaftlichen Fächer bis zur Philosophie hin Lehrstühle fanden, oft ohne daß
mehr erreicht wurde als ein der Kraft geistigen Entdeckens beraubter Bildungsbetrieb
(trotz hervorragender geisteswissenschaftlicher Forscher, die sich hier manchmal wie
im Exil fühlten). Steht die Entleerung unseres modernen Lebens vielleicht im Zusam-
menhang mit dieser Zerstreuung? Ist ein Weg, um aus der Bodenlosigkeit des Spezia-
listischen, der Ziellosigkeit im Ganzen, der Ratlosigkeit des Zerstreuten zurückzukeh-
ren, vielleicht die neue Verwirklichung der Einheit? Es wäre die Frage der Eingliederung
großer neuer Totalgebiete des Lebens in die Universität neben der Medizin, Jurispru-
denz und Theologie. Die drei bisherigen Spezialfakultäten sind zu wenige. Ihre Glie-
derung entsprach der Welt des Mittelalters. Aber ein Fortschritt besteht nicht durch
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es auf das Prinzip an: Spaltung der Wissenschaften zum Aufbau neuer Fächer ist in dem
Maße zu bejahen, als die abgespaltene Wissenschaft von Ideen beseelt ein Ganzes mit
universalem Horizont entwickelt und dadurch eine Grundwissenschaft bleibt.
Die zweite Weise der Erweiterung ist das Herankommen neuen Stoffes und neuen
Könnens von außen. Sie begehren Einlaß, weil sie zum Kosmos der Wissenschaften
ein unersetzliches Glied beitragen können. Daß dann z.B. Indologie und Sinologie
Grundwissenschaften sind, aber nicht Afrikanistik und Vorgeschichte, das liegt an
dem Gehalt dieser Kulturen.
Die Ausdehnung der Universität verlangt zugleich mit der Erweiterung die Besin-
nung auf die Einheit des Wissens, auf die ständige Erneuerung des Kosmos der Wis-
senschaften. Dazu bedarf es der Sicht auf die Grundwissenschaften in ihrer Verwand-
lung zu neuen Gestalten und Unterscheidungen und bedarf es der Hierarchie der
Wissenschaften, der Abstufung von Grundwissenschaften und Hilfswissenschaften,
von Lehre durch Forschung und von Lehre als didaktischem Unterricht im Wissen und
Können.
Die Ausdehnung der Universität wird zu einer Lebensfrage in der modernen Welt.
Was heute entstanden ist, muß erkannt und Glied im Ganzen der Universität werden.
Es muß sich zeigen, ob die Universität der neuen Welt gewachsen ist, sie in sich aufzu-
nehmen und ihr zu dienen, und ob das neue Können und Wissen sich durchdringen
läßt von dem Geist, der ihm doch eigentlich erst Sinn gibt.
Die drei früheren oberen Fakultäten - Theologie, Jurisprudenz, Medizin - treffen
wohl durch die Jahrtausende bleibende Lebensbereiche, aber sie reichen nicht aus, die
Bereiche des modernen Daseins zu umfassen. Das ist sichtbar an den zahlreichen
Hochschultypen, die außerhalb der Universität gegründet sind: Technische Hoch-
schule, Landwirtschaftliche Hochschule, Tierärztliche Hochschule, Lehrerbildungs-
anstalten, Handelshochschule, Bergakademie u.a. Zeigt sich nicht darin ein Versagen
des Lebens der Universität? Hat sich hier eine geistwidrige Verselbständigung durch-
gesetzt? Es gibt zu denken, daß in der Folge doch das, was der Universität gehört, auch
auf diesen Hochschulen gepflegt wird, und daß sie die | natürliche Tendenz haben,
sich zur Universität zu erweitern, so daß an der Technischen Hochschule auch die gei-
steswissenschaftlichen Fächer bis zur Philosophie hin Lehrstühle fanden, oft ohne daß
mehr erreicht wurde als ein der Kraft geistigen Entdeckens beraubter Bildungsbetrieb
(trotz hervorragender geisteswissenschaftlicher Forscher, die sich hier manchmal wie
im Exil fühlten). Steht die Entleerung unseres modernen Lebens vielleicht im Zusam-
menhang mit dieser Zerstreuung? Ist ein Weg, um aus der Bodenlosigkeit des Spezia-
listischen, der Ziellosigkeit im Ganzen, der Ratlosigkeit des Zerstreuten zurückzukeh-
ren, vielleicht die neue Verwirklichung der Einheit? Es wäre die Frage der Eingliederung
großer neuer Totalgebiete des Lebens in die Universität neben der Medizin, Jurispru-
denz und Theologie. Die drei bisherigen Spezialfakultäten sind zu wenige. Ihre Glie-
derung entsprach der Welt des Mittelalters. Aber ein Fortschritt besteht nicht durch
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