Die Verantwortlichkeit der Universitäten
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Universität. Erst wenn das ganze Volk an der Universität beteiligt werde, könne die Uni-
versität werden, was sie sein solle: Volksuniversität.
Antwort: Wieweit die besonderen Vorwürfe zutreffen, bedarf jeweils der Untersu-
chung. Aber der Grundwille in solchen Angriffen, soweit er ein guter Wille ist, dem
wirklich an der Sache und nicht an Sensationen gelegen ist, trifft durchaus zusammen
mit den Interessen der Hochschule. Wir stehen gegen die Privilegierungen durch
Stand, Klasse, Besitz, Partei zugunsten des Rechts aller auf gleiche Chancen. Das heißt
nicht, daß wir abschaffen könnten oder wollten: die Aristokratie des Geistes,291 die je-
dem offen steht nach dem Maße seiner Begabung und seiner freien Selbsterziehung.
Es handelt sich um die Auslese der Besten aus der gesamten Bevölkerung. Die echte Gei-
stesaristokratie ist heute nur eine Minderheit der Studenten und war es wohl jederzeit.
Das Leben des Geistes aber ist gebunden an die rechte Auslese.
Diese Auslese muß in frühester Jugend beginnen. Dazu wird eine Einrichtung gro-
ßen Stils notwendig werden, durch die ungewöhnlich Begabten in beträchtlicher Zahl
Stipendien gewährt werden für Schule und Hochschule. Eine wirklich befriedigende,
absolut gerechte Lösung kann es nicht geben. Das menschliche Können und Erken-
nen reicht bei weitem nicht aus, über den Menschen sichere Voraussagen und gerechte
Bestimmungen zu treffen. Aber besser als der Zufall und das äußerliche Auswählen
nach Merkmalen von Reichtum, Stand, Klasse, Parteizugehörigkeit und dergleichen
ist ein fortdauernd sich selbst korrigierendes Versuchen. Diese Auswahl der Besten soll
durch Menschen geschehen, die wissen, daß sie immer nur in Annäherungen ihre Auf-
gabe erfüllen können. Sie werden innerlich angstvoll und demütig die Verantwortung
von Lebensschicksalen spüren und dann bei größter Besonnenheit das relativ Beste er-
reichen.
Neben der Forderung der Zugänglichkeit der Hochschule für das gesamte Volk steht
eine zweite Forderung: den Hochschulunterricht zu erweitern auf mehr Berufe, derart, daß
schließlich fast alle Ausbildungen Hochschulcharakter gewinnen.
In dieser Form ist das ein für den Sinn der Hochschule vernichtender Anspruch.
Sie wäre nicht mehr Hochschule, sondern würde Universalschule. Sie wäre nicht Stätte
der geistigen Bildung, sondern ein Warenhaus von Kenntnissen und Fertigkeiten. Die
Forderung beruht auf einem Irrtum. Wie es nicht möglich ist, den Unterschied der
Menschen an Begabungen als nicht bestehend anzusehen, so ist es eine Unwahrhaf-
tigkeit, die Gleichheit aller Berufe zu dekretieren. Gleich sind alle Berufe nur darin,
daß in jedem das Ethos des Menschen in reiner Pflichterfüllung das Höchste leisten
kann und daß sittlich kein Mensch hinter dem anderen zurücksteht, wenn er es tut.
In den äußersten Polen kann man gegenüberstellen: Berufe, in denen es sich um
das Ganze des Menschseins handelt, wie beim Pfarrer, Arzt, Richter, Lehrer, Architek-
ten und anderen, und Berufe, die in der Erfüllung endlicher Zwecke sich erschöpfen.
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Universität. Erst wenn das ganze Volk an der Universität beteiligt werde, könne die Uni-
versität werden, was sie sein solle: Volksuniversität.
Antwort: Wieweit die besonderen Vorwürfe zutreffen, bedarf jeweils der Untersu-
chung. Aber der Grundwille in solchen Angriffen, soweit er ein guter Wille ist, dem
wirklich an der Sache und nicht an Sensationen gelegen ist, trifft durchaus zusammen
mit den Interessen der Hochschule. Wir stehen gegen die Privilegierungen durch
Stand, Klasse, Besitz, Partei zugunsten des Rechts aller auf gleiche Chancen. Das heißt
nicht, daß wir abschaffen könnten oder wollten: die Aristokratie des Geistes,291 die je-
dem offen steht nach dem Maße seiner Begabung und seiner freien Selbsterziehung.
Es handelt sich um die Auslese der Besten aus der gesamten Bevölkerung. Die echte Gei-
stesaristokratie ist heute nur eine Minderheit der Studenten und war es wohl jederzeit.
Das Leben des Geistes aber ist gebunden an die rechte Auslese.
Diese Auslese muß in frühester Jugend beginnen. Dazu wird eine Einrichtung gro-
ßen Stils notwendig werden, durch die ungewöhnlich Begabten in beträchtlicher Zahl
Stipendien gewährt werden für Schule und Hochschule. Eine wirklich befriedigende,
absolut gerechte Lösung kann es nicht geben. Das menschliche Können und Erken-
nen reicht bei weitem nicht aus, über den Menschen sichere Voraussagen und gerechte
Bestimmungen zu treffen. Aber besser als der Zufall und das äußerliche Auswählen
nach Merkmalen von Reichtum, Stand, Klasse, Parteizugehörigkeit und dergleichen
ist ein fortdauernd sich selbst korrigierendes Versuchen. Diese Auswahl der Besten soll
durch Menschen geschehen, die wissen, daß sie immer nur in Annäherungen ihre Auf-
gabe erfüllen können. Sie werden innerlich angstvoll und demütig die Verantwortung
von Lebensschicksalen spüren und dann bei größter Besonnenheit das relativ Beste er-
reichen.
Neben der Forderung der Zugänglichkeit der Hochschule für das gesamte Volk steht
eine zweite Forderung: den Hochschulunterricht zu erweitern auf mehr Berufe, derart, daß
schließlich fast alle Ausbildungen Hochschulcharakter gewinnen.
In dieser Form ist das ein für den Sinn der Hochschule vernichtender Anspruch.
Sie wäre nicht mehr Hochschule, sondern würde Universalschule. Sie wäre nicht Stätte
der geistigen Bildung, sondern ein Warenhaus von Kenntnissen und Fertigkeiten. Die
Forderung beruht auf einem Irrtum. Wie es nicht möglich ist, den Unterschied der
Menschen an Begabungen als nicht bestehend anzusehen, so ist es eine Unwahrhaf-
tigkeit, die Gleichheit aller Berufe zu dekretieren. Gleich sind alle Berufe nur darin,
daß in jedem das Ethos des Menschen in reiner Pflichterfüllung das Höchste leisten
kann und daß sittlich kein Mensch hinter dem anderen zurücksteht, wenn er es tut.
In den äußersten Polen kann man gegenüberstellen: Berufe, in denen es sich um
das Ganze des Menschseins handelt, wie beim Pfarrer, Arzt, Richter, Lehrer, Architek-
ten und anderen, und Berufe, die in der Erfüllung endlicher Zwecke sich erschöpfen.