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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0313
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Vom rechten Geist der Universität

Dieses Ziel ist die Verwirklichung des Erkennens in unserem Zeitalter mit dem dem
Erkennen verbundenen Ethos. Daß diese Chance nur durch Freilassen gefördert, durch
jeden Schritt überflüssiger Organisation aber gehemmt wird, muß jeder im geistigen
Leben erfahrene Organisator wissen. Die Aufgabe ist daher nicht nur gewaltig durch
den notwendigen Umfang an Wissen um die wirklichen Wissenschaften, sondern
auch einzig möglich durch das Ethos des Willens zum Geiste. Die Chancen werden er-
stickt durch die Organisation, die zum Betrieb wird, und durch Personen, die, unkun-
dig und dem Ethos des Geistes fremd, an leitende Positionen kommen. Geldaufwen-
dung für solche Organisationen würde in den Naturwissenschaften, soweit sie die für
die Industrie notwendigen wissenschaftlich gelernten Arbeiter ausbilden, vielleicht
zum Erfolg führen; denn hier setzt sich bei der Handgreiflichkeit des zu Wissenden
und zu Fordernden die Sache selbst in den Spezialisierungen durch. Aber keineswegs
würde das geistige Leben gedeihen, auf dem die Tätigkeit der Richter, Verwaltungsbe-
amten, Ärzte, Pfarrer, Politiker, Diplomaten und anderer beruht, das heißt der Gehalt
und die Verläßlichkeit und Konsistenz unseres sittlich-politischen Daseins. Selbst die
Techniker werden über die ökonomischen Erfolge hinaus als Mitbegründer dieses Le-
bensgehalts nur dann wirken, wenn sie durch den bewußten Sinn ihrer Arbeit mit ein-
treten in das geistige Ganze und nicht zufrieden sind mit dem Vollzug ihrer speziali-
sierten Funktionen.
Der Geist der Verwaltung unserer Universitäten bedarf selber der Wiederherstel-
lung. Ein Beispiel für manchen gegenwärtigen Irrweg im Großen wie im Kleinen ist
folgender winziger, übrigens, wenn ich recht unterrichtet bin, zum Guten erledigter
Vorgang: Von einem Landesministerium wurde verlangt, daß bei Vorschlag zum Titel
eines außerordentlichen Professors die betreffende Fakultät zwei Gutachten von Fach-
vertretern auswärtiger Fakultäten beilege. Offenbar wollte der schlecht beratene Mi-
nisterialbeamte die sogenannte Abwertung des Professorentitels verhindern oder rück-
gängig machen. Bisher war es üblich, einem Dozenten, der sich nicht als positiv
unfähig erwiesen hatte, den Titel auf Vorschlag der Fakultät nach sechsjähriger Lehr-
tätigkeit zu verleihen.329 Was bezeugte diese neue Ministerialforderung? Erstens die
Unfähigkeit, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden (denn dieser Ti-
tel ist in der Tat eine fast gleichgültige Sache); zweitens die Respektlosigkeit vor geisti-
ger Arbeit, wegen solcher Bagatelle Menschen, die etwas Wirkliches tun, die Zeitver-
geudung für solche Gutachten zuzumuten; drittens den Drang zum Betrieb bei Leuten,
denen der Gehalt des durch sie zu schützenden geistigen Lebens nicht mehr gegen-
wärtig ist; viertens die naive Unbekümmertheit des Beamten, dem eine große ihm un-
bekannte Aufgabe übertragen ist, irgend etwas und möglichst viel zu tun, als ob er ver-
stände, worum es sich handelt.
Die Ernennung Schlüters330 zum Erziehungsminister in Niedersachsen schien da-
mals ein extremer Fall des Übels, daß die Parteien die Ministerien mit Parteigenossen
besetzen, aber nicht immer oder selten die Persönlichkeiten haben, die zu einer Ver-
 
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