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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0367
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292

Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

41

| Erster Teil
VON
KarlJaspers

Die Idee der Universität

I. Vom Wesen der Wissenschaft
An der Universität verwirklicht sich das ursprüngliche Wissenwollen. Es hat zunächst
keinen andern Zweck, als zu erfahren, was zu erkennen möglich ist und was aus uns
durch Erkenntnis wird. Es vollzieht sich die Lust des Wissens im Sehen und Hören, in
der Methodik des Gedankens, in der Selbstkritik als Erziehung zur Objektivität, dann
die Erfahrung der Grenzen im eigentlichen Nichtwissen und schließlich das Wagnis
des Erkennens (sapere aude!)35 in dem Mute, ertragen zu wollen und zu können, was
sich zeigt, und dadurch anders zu werden.
1. Grundcharaktere der Wissenschaft
Wissenschaft ist die methodische Erkenntnis, deren Inhalt zwingend gewiß und allge-
meingültig ist. Mit diesem Satze sind drei Grundzüge wissenschaftlichen Wissens aus-
gesprochen:
Erstens ist Wissenschaft nur zusammen mit einem methodischen Bewußtsein: ich
weiß mit dem Wissen von dem Wege, der mich zu einem Ergebnis führt; ich weiß mit
dem Wege zugleich den Standort und die Grenzen des jeweils bestimmten Sinns von
Wissen. Das Gegenteil wissenschaftlichen Wissens ist das unmethodische Meinen und
das fraglose Hinnehmen auf guten Glauben hin. Ist der Inhalt dieses nur hinnehmen-
den Wissens etwas, das zugleich Ergebnis wissenschaftlicher Forschung ist, so ist diese
Weise des Wissens dennoch nicht wissenschaftlich, sondern wird Ausgang eines Wis-
senschaftsaberglaubens, weil das innerlich unkontrollierte Hinnehmen mich verfal-
42 len | läßt an beliebigen Inhalt und mich schutzlos an ihn ausliefert. Denn das Wissen,
das mit dem Wissen der Methode zugleich seine Relativität behält, nämlich in bezug
auf den Standpunkt und auf die Weise und den Sinn dieser Wißbarkeit, das wird als In-
halt des Wissenschaftsaberglaubens fälschlich absolut.
 
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