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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0374
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

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Dies Beispiel aus der Naturwissenschaft zeigt, was allgemein für alle Wissenschaft
gilt: Gerade im Relativieren der Voraussetzungen ist der feste Boden des Allgemeingül-
tigen, ist das zwingend Gewisse in der Erfahrung der Realität zu gewinnen.
Das Wort von der Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft ist geprägt als Kampf-
ruf gegen Einschränkungen, die dem Erkennen durch unbefragbare dogmatische Po-
sitionen aufgezwungen werden sollten.386 Voraussetzungslosigkeit bedeutete die rechte
Forderung: man dürfe nicht vorher festlegen, wohin die Erkenntnis führen solle; man
dürfe dem Fragen keine Grenze setzen; man dürfe keine Sache für unberührbar durch
Forschung erklären (Wissenschaft kennt kein Tabu); man dürfe dem, was sich als zwin-
gend richtig zeige, nicht ausweichen.
Jedoch ist in der Tat keine Wissenschaft voraussetzungslos.215 Es gehört zum Cha-
rakter wissenschaftlicher Selbstkritik, diese Voraussetzungen zu erkennen und zu klä-
ren. Jede Wissenschaft ist ein Versuch, der sich selber als unter den und den Voraus-
setzungen als sinnvoll und konsequent begreift. Diese Voraussetzungen sind:
a) Die Regeln der Logik: Es ist zu denken und zu erkennen unmöglich, wenn der Satz
des Widerspruchs geleugnet wird. Im | Wesen des Denkens liegt die Anerkennung die-
ses Satzes. Wer die Bestimmtheit der Begriffe in eine schwankende Mannigfaltigkeit
verfließen läßt und wem der Widerspruch kein Einwand ist, der kann nicht einmal
sinnvoll sprechen. In jedem Satze erkennt er tatsächlich einen Augenblick die logi-
schen Voraussetzungen an, die er durch den Fortgang seines Sprechens verleugnet.
Man kann nicht mit ihm reden, muß ihn stehen lassen, er ist nicht besser als eine
Pflanze (Aristoteles).216
Und doch bleibt hier die Voraussetzung. Das heißt, es wird ein Fehler, wenn ich das
Erkennen zum Absoluten mache. Ich erkenne allein im Raum der Geltung der logi-
schen Regeln. Aber was ich so erkenne, ist, weil unter dieser Bedingung, nicht das Sein
an sich. Erkennen und Erkenntnisinhalte sind Aspekte des Seins, wie sie unter den Be-
dingungen der Verstandeslogik sich zeigen.
b) Voraussetzung ist, daß Wissenschaft sein soll. Die Bejahung der Wissenschaft ist
nicht wissenschaftlich zu begründen. Keine Wissenschaft kann dem, der ihren Wert
leugnet, ihren Wert beweisen. Das ursprüngliche Wissenwollen gründet sich in sich
selbst. Es will grundlos, aus einer Leidenschaft, deren Selbstbejahung Voraussetzung
der Wissenschaft bleibt.
c) Voraussetzung ist im besonderen die Wahl des Gegenstandes. In der Endlosigkeit
des Möglichen wählt der Forscher sein Problem. Ein dunkler Instinkt, Liebe und Haß,
mögen Antriebe zur Auswahl sein. Es ist in jedem Fall Willensentscheidung, nicht wis-
senschaftliche Erkenntnis, die das Thema ergreift.
d) Im Forschen ist eine Voraussetzung die Führung durch Ideen, durch dieses Umgrei-
fende, das selber nicht Gegenstand wird außer durch »Schemata der Ideen«217 (Kant),
die in der Folge wieder verschwinden, weil sie in ihrer Verendlichung immer auch falsch
sind. Die Ideen bringen in das Ganze systematische Einheit, zeigen den Weg, machen

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