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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0404
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

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Ursprung geistiger Bewegung liegt meist in kleinsten Kreisen. Wenige Männer, zwei
oder drei oder vier, die etwa in Institut oder Klinik arbeiten, leben beflügelt im Aus-
tausch eines Gemeinsamen, das als Ausgang neuer Einsichten die Gemeinschaft in der
Sache, in der Idee bedeutet. Verborgen wächst solcher Geist zwischen Freunden, wird
bewährt und sichtbar in objektiven Leistungen, um dann als geistige Bewegung in öf-
fentliche Erscheinung zu treten.
Ein gemeinsamer Geist solcher Art, der die gesamte Universität verbände, ist un-
möglich. Er gehört kleineren Gruppen und die Universität hat das höchste Leben,
wenn solche Gruppen zahlreich sind und ihrerseits wieder in Wechselwirkung treten.
c) Sichtreffen der Wissenschaften und Weltanschauungen
An der Universität begegnen sich die Wissenschaften durch ihre Vertreter. Die Gegen-
wärtigkeit aller Wissensweisen an einem Orte vermag jede einzelne zu steigern. Die
gegenseitige Anregung führt auf die Einheit der Wissenschaften hin. Die ständige Zer-
streuung im Zerfall der Wissenschaften zu einem Aggregat zwingt durch die wiederer-
weckte Beziehung zum Bewußtsein ihrer Zusammengehörigkeit und läßt dann das Ziel
des Einsseins nicht aus dem Auge verlieren.
| In der Kommunikation der Wissenschaften treffen tiefere geistige Bewegungen
aufeinander, die erst im Zusammenstoß auch sich selbst offenbar werden.
Der Kommunikationswille richtet sich auch auf das Fremde und Ferne, auch auf
Menschen, die sich geistig in ihrem Glauben kommunikationslos abkapseln möch-
ten. Er sucht die Gefahr, in Frage gestellt zu werden, weil nur in der äußersten Infrage-
stellung offenbar wird, ob Wahrheit auf dem eigenen Wege ist. Das hat eine grundsätz-
liche Folge für die Zulassung geistiger Bewegungen an der Universität.
Die Idee der Universität ist Element der allumgreifenden Vernunft: des Willens zu
unbeschränktem Forschen und Suchen, zur grenzenlosen Entfaltung der Möglichkei-
ten, zur Offenheit, zur Infragestellung von jedem, was in der Welt vorkommen kann,
zur unbedingten Wahrheit mit der ganzen Gefahr des sapere aude. Man könnte die
Folgerung ziehen wollen, also habe nur diese Weltanschauung der Vernunft an der
Universität ihren Platz. Das hätte ein Prüfen des anderen auf seine Weltanschauung
zur Folge. Gerade das widerspricht der Universitätsidee. Sie prüft die wissenschaftli-
che Leistung und das geistige Niveau eines Menschen, den sie zu ihrem Gliede ma-
chen möchte. Sie unterscheidet sich von sektenhaften, kirchlichen, von allen fana-
tischen Kräften, die ihre Weltanschauung aufdringen und in ihren Kreisen entfalten
wollen, dadurch, daß sie nur frei gedeihen will und lieber zugrunde geht, als sich vor
fremder Geistigkeit, vor den Mächten des Vernunftwidrigen sorgsam zu hüten, sich
dem von dorther an die Wurzel gehenden geistigen Kampf zu entziehen. Nur auf ei-
nes kann sie bei ihren Gliedern nie verzichten, auf fachliche, wissenschaftliche Lei-
stung, auf handwerkliche Tüchtigkeit und auf »Niveau«. Im übrigen aber wird sie
selbst Menschen in sich aufnehmen, die das sacrificio del intelletto78 begehen, selbst

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