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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0450
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

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Aufgabe, an Tatsachen zu erinnern und klare Einsicht in einem sachlichen Gesamtzu-
sammenhang darzubieten. Er mag alles dieses einmal ungefragt tun, obgleich die ihm
gemäße Form die Antwort auf eine an ihn gerichtete Frage ist. Jedoch ist im gegenwär-
tig Aktuellen jede Antwort in der Gefahr, außersachlichen Motiven zu erliegen. Die
Frage pflegt schon in Abhängigkeit von einem erwarteten Ziel zu bringen. Der kriti-
sche Forscher wird nicht vergessen, wie nahe er bei öffentlicher Befragung in der Si-
tuation des Priesters ist, dem Hebbels Holofernes bei einer von ihm schon entschiede-
nen Sache erklärt: Dir befehle ich, die Gründe dafür aufzufinden.274
5. Die unbemerkte Preisgabe der Lehrfreiheit infolge faktischer Staatsabhängigkeit. Die
Eehrfreiheit ist nicht ein sicher in Besitz befindliches und leicht zu genießendes Gut.
Eine Gefahr für die innere geistige Haltung der Professoren erwächst schon aus der un-
ausweichlichen Tatsache, daß sie vom Staat besoldet werden. Es ist unvermeidlich, daß
sie eine Neigung haben, die staatlichen Zustände, die ihnen günstig sind, die ihnen
Geltung verschaffen, zu bejahen, Bestehendes und Gewordenes als solches anzuerken-
nen und mit ihrem Wort als Werkzeug des herrschenden Staates zu dienen. Das Miß-
trauen gegen die vom Staat angestellten Gelehrten hat zwar ein ungerechtes Übermaß
gewonnen; zumal Schopenhauers bis zur Karikatur entartetes | Schelten auf die Staats-
philosophen108 trifft nicht, weil es blind geworden ist. Aber eine Grundlage hat dieses
Mißtrauen, das fruchtbar nur als Mißtrauen gegen sich selbst ist. Es ist nicht zufällig,
daß von Sokrates an mancher solchen Wert darauf legte, gänzlich unabhängig zu sein
und unentgeltlich sein geistiges Können wirken zu lassen. Denn immer droht: »Wes
Brot ich eß, des Lied sing ich.«409
6. Der Staat als Gefahr für die Universität. Der Staat, der die Universität in ihrer Au-
tonomie frei läßt, bestätigt und schützt, daher seine eigene Macht begrenzt, bleibt
doch immer die faktisch übermächtige Instanz. Kommen machtbegierige, betrieb-
same, eitle und vor allem sachunkundige, der Idee fremde Personen in die Stellungen
staatlicher Universitätsverwaltung, entstehen Schwierigkeiten. Diese werden gestei-
gert, wenn politische Mächte zu Maßnahmen zwingen aus universitätsfremder Will-
kür, sei es von Herrschern, sei es von politischen Parteien.
Dann wird die staatliche Verwaltung gefährlich für die Universität, wenn sie aus
geistfremden Interessen unmittelbar in das Universitätsleben eingreift. Die Universi-
tätsidee fordert, daß der Staat nichts verlangt, was unter Einschränkung der Wahrheit
geradezu seinen gegenwärtigen Interessen dient, sondern nur, was der Idee, und da-
mit indirekt dem Staat durch die Erziehung der Träger der Berufe dient. Daher ist es
verhängnisvoll, wenn der Staat fordert, was auf politische Propaganda für seine jewei-
ligen Zwecke hinausgeht. Niemals darf der Staat in den Inhalt der Lehre eingreifen.
7. Der Umgang der Universität mit dem Staat. Der Umgang der Universität mit dem
Staat macht keine Schwierigkeiten, wenn beide in der Idee der Universität einmütig
sind. Dann ist der Staat selber Garant für ihre Verwirklichung, wenn Fakultäten in die
Irre geraten. Wenn aber die Vertreter des Staats wenig oder kein Vertrauen verdienen,

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