Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0491
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4i6

Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

terrichtsaufgaben in der Form von Lehrkursen übernehmen würde. Manche der bishe-
rigen Lektoren könnten als Lehrer in dieses Institut übernommen werden. Das gleiche
könnte auch bei bewährten Lehrbeauftragten geschehen. Es wäre ein über verschiedene
Semester sich erstreckendes Unterrichtsprogramm festzulegen, das dem Bedürfnis der
Studierenden nach stofflichen und gedanklichen Übersichten entsprechen müßte.
Für die Jurisprudenz könnte man an die Einrichtung eines Unterrichtsinstitutes
denken, das die Aufgaben des bisher privaten, jedoch von allen Studierenden der Ju-
risprudenz zur Examensvorbereitung durchwegs besuchten juristischen Repetitoriums
übernehmen würde.
Die der Universität anzugliedernden naturwissenschaftlichen und medizinischen
Unterrichtsinstitute sollten vornehmlich das, gerade im Bereich der Naturwissen-
schaft und der Medizin so umfangreich gewordene Wissensmaterial und auch die
Kenntnis und die Anwendungsmöglichkeiten der so kompliziert gewordenen Appa-
rate-Technik vermitteln. Beides gehört nicht in den engeren Bereich von Forschung
und Lehre, deren unerläßliches Instrumentarium sie jedoch bilden, sondern in den
Bereich des Unterrichts. Der Mangel an Orientierungsmöglichkeiten gerade hier kann
einen Hemmschuh für das gesamte Studium bedeuten. Denn das unerläßliche Lehr-
buch- und Faktenwissen kann nicht durch Lesen und ein gutes Gedächtnis allein an-
geeignet werden, sondern bedarf der kundigen Erklärung. Und die technischen Hilfs-
apparaturen dürfen nicht nur ihrer Zweckbestimmung nach gewußt, sondern müssen
in ihrer Anwendung verstanden werden. Besonders im Bereich der Medizin, deren Stu-
214 dium heute wohl am meisten am Mangel eines | guten Unterrichts leidet, wird es einer
überaus sorgfältigen Planung des Unterrichtsprogramms bedürfen. - Die Unterrichts-
institute für die Technischen Wissenschaften sollten tunlichst mit den bestehenden
Höheren Technischen Lehranstalten, denen zu diesem Zweck besondere Abteilungen
einzufügen wären, verbunden werden.
Nicht durch die Perfektionierung des mangelhaften Unterrichtswesens innerhalb
der Universität, die darüber in eine Schulanstalt und vielleicht sogar in eine schlechte
Schulanstalt verwandelt würde, sondern durch die Angliederung eines eigenständigen
wissenschaftlichen Unterrichtswesens an die Universität gilt es heute die Bedingungen
herzustellen, unter denen die Verwirklichung einer dem Geist der modernen Wissen-
schaftlichkeit entsprechenden neuen Gestalt der Universität möglich sein kann.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften