Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]
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wesen entstanden ist, entspricht nicht einer dem freien Geist der Wissenschaftlichkeit
dienenden Universität. Nicht die amtliche oder halbamtliche Verwaltungsautorität
des Lehrstuhlinhabers als Instituts- oder Klinikdirektors, sondern die im Medium des
Forschungs- und Lehrbetriebs sich selber herstellende geistige und wissenschaftliche
Autorität sollte den Geist der personellen Organisation der Institute und Kliniken be-
stimmen. In den Instituten und Kliniken sollten deshalb den Dozenten Arbeitsmög-
lichkeiten in voller eigener Verantwortlichkeit gegenüber dem Direktorium übertra-
gen werden.
| b) Die Verwaltungsorganisation 235
Die bisherige verfassungslose Selbstmächtigkeit des Instituts- und Klinikwesens hat
die Einheit des Lehrkörpers weitgehend aufgehoben und damit die Einheit der Uni-
versität überhaupt in Frage gestellt. Sie hat auch der Gesinnung nach vielfach zur Un-
terordnung der geistigen und wissenschaftsorganisatorischen Aufgaben der Selbstver-
waltung unter die der technischen und bürokratischen Verwaltung geführt. Darüber
ist, begünstigt noch durch die bürokratisch-totalitäre Hochschulgesetzgebung des NS-
Staates ein Funktionalismus am falschen Platz entstanden. Es ist jener Funktionalis-
mus, der statt von der Sache des technischen Betriebs, für die er nötig ist, von den gei-
stigen Trägern der Universität selber: vom Lehrstuhlinhaber bis zum Assistenten Besitz
ergriffen hat. Das geschah zum Nachteil des Forschungs- und Lehrbetriebs, zugleich
aber auch zum Nachteil einer zweckdienlichen und rational arbeitenden Verwaltung
selber. Der Staat vermehrt seinen allgemeinen Vorschriften-Apparat, nicht aber zu-
gleich auch das zu dessen Bearbeitung erforderliche Beamtenpersonal an der Univer-
sität. Daraus resultiert eine unerträgliche Belastung der Universitätslehrer und Assi-
stenten mit Verwaltungsaufgaben, zu deren technisch einwandfreier Bewältigung sie
zudem gar nicht ausgebildet sind und die sie nur unter großem Zeitaufwand leisten
können. Kein den großen Universitätsinstituten und -kliniken vergleichbarer moder-
ner Industriebetrieb würde es sich erlauben können, wertvolle, zu ganz anderen Auf-
gaben ausgebildete und bestimmte Kräfte zu solchen Diensten zu benutzen, wie es in
den Universitäts-Instituten und -kliniken üblich ist. Bürokratische Verrichtungen, die
in jedem Behörden- und Industriebetrieb und in der freien Arzt- und Anwaltspraxis
Verwaltungsangestellte, Sekretärinnen und Gehilfinnen überlassen sind, müssen in
den Universitäts-Instituten und -kliniken zumeist wissenschaftliche Assistenten und
vielfach auch Dozenten leisten. Faktisch verbringen sie einen großen Teil ihrer Zeit
mit wissenschaftsfremden Diensten, die von Schreibhilfen besser und schneller getan
werden könnten.
| Zwar unterhält der Staat innerhalb der Universität einen eigenen, ihm unmittel- 236
bar unterstellten Verwaltungsapparat, doch besteht die Arbeit dieses Verwaltungsap-
parates zum großen Teil darin, die für den allgemeinen staatlichen Behördenbetrieb
entworfenen und erlassenen Verwaltungsvorschriften, soweit dies möglich ist, mit den
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wesen entstanden ist, entspricht nicht einer dem freien Geist der Wissenschaftlichkeit
dienenden Universität. Nicht die amtliche oder halbamtliche Verwaltungsautorität
des Lehrstuhlinhabers als Instituts- oder Klinikdirektors, sondern die im Medium des
Forschungs- und Lehrbetriebs sich selber herstellende geistige und wissenschaftliche
Autorität sollte den Geist der personellen Organisation der Institute und Kliniken be-
stimmen. In den Instituten und Kliniken sollten deshalb den Dozenten Arbeitsmög-
lichkeiten in voller eigener Verantwortlichkeit gegenüber dem Direktorium übertra-
gen werden.
| b) Die Verwaltungsorganisation 235
Die bisherige verfassungslose Selbstmächtigkeit des Instituts- und Klinikwesens hat
die Einheit des Lehrkörpers weitgehend aufgehoben und damit die Einheit der Uni-
versität überhaupt in Frage gestellt. Sie hat auch der Gesinnung nach vielfach zur Un-
terordnung der geistigen und wissenschaftsorganisatorischen Aufgaben der Selbstver-
waltung unter die der technischen und bürokratischen Verwaltung geführt. Darüber
ist, begünstigt noch durch die bürokratisch-totalitäre Hochschulgesetzgebung des NS-
Staates ein Funktionalismus am falschen Platz entstanden. Es ist jener Funktionalis-
mus, der statt von der Sache des technischen Betriebs, für die er nötig ist, von den gei-
stigen Trägern der Universität selber: vom Lehrstuhlinhaber bis zum Assistenten Besitz
ergriffen hat. Das geschah zum Nachteil des Forschungs- und Lehrbetriebs, zugleich
aber auch zum Nachteil einer zweckdienlichen und rational arbeitenden Verwaltung
selber. Der Staat vermehrt seinen allgemeinen Vorschriften-Apparat, nicht aber zu-
gleich auch das zu dessen Bearbeitung erforderliche Beamtenpersonal an der Univer-
sität. Daraus resultiert eine unerträgliche Belastung der Universitätslehrer und Assi-
stenten mit Verwaltungsaufgaben, zu deren technisch einwandfreier Bewältigung sie
zudem gar nicht ausgebildet sind und die sie nur unter großem Zeitaufwand leisten
können. Kein den großen Universitätsinstituten und -kliniken vergleichbarer moder-
ner Industriebetrieb würde es sich erlauben können, wertvolle, zu ganz anderen Auf-
gaben ausgebildete und bestimmte Kräfte zu solchen Diensten zu benutzen, wie es in
den Universitäts-Instituten und -kliniken üblich ist. Bürokratische Verrichtungen, die
in jedem Behörden- und Industriebetrieb und in der freien Arzt- und Anwaltspraxis
Verwaltungsangestellte, Sekretärinnen und Gehilfinnen überlassen sind, müssen in
den Universitäts-Instituten und -kliniken zumeist wissenschaftliche Assistenten und
vielfach auch Dozenten leisten. Faktisch verbringen sie einen großen Teil ihrer Zeit
mit wissenschaftsfremden Diensten, die von Schreibhilfen besser und schneller getan
werden könnten.
| Zwar unterhält der Staat innerhalb der Universität einen eigenen, ihm unmittel- 236
bar unterstellten Verwaltungsapparat, doch besteht die Arbeit dieses Verwaltungsap-
parates zum großen Teil darin, die für den allgemeinen staatlichen Behördenbetrieb
entworfenen und erlassenen Verwaltungsvorschriften, soweit dies möglich ist, mit den