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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Editor]; Schwabe AG [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0522
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Wissenschaft, Lehrfreiheit und Politik

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Auf einen solchen innerparteilichen Kampf weisen Pressenachrichten hin wie diese:
Der Hochschulreferent nahm eine Einladung zu einem Vortrag über den Fall Bense vor
der »Jungen Union« in Ulm an. - Der Ministerpräsident453 verbot den Vortrag. - Der
CDU-Landesverband, vom Hochschulreferenten informiert, zwang den Ministerprä-
sidenten, dieses Redeverbot rückgängig zu machen. - In seiner Fraktion konnte der Mi-
nisterpräsident nicht die Mehrheit seiner Parteifreunde für sich und seinen Kultusmi-
nister454 gewinnen, die beide die Äußerungen des Hochschulreferenten offenbar
mißbilligten und mit Entschiedenheit sich für die Liberalität einsetzten.
Man weiß nicht, wie viel an solchen Pressenachrichten richtig ist. Aber öffentlich er-
klärte der Ministerpräsident, er würde manche Formulierungen, die der Hochschulre-
ferent gebraucht habe, nicht gebrauchen. Und der Kultusminister bemerkte: »Aussa-
gen über den Bereich von Freiheit und Forschung und Lehre habe in meinem
Ministerium allein ich abzugeben.«
Rossmann: Es erscheint mir besonders wichtig, daß sich der Ministerpräsident je-
derzeit völlig klar und eindeutig im Sinne der Lehrfreiheit geäußert hat. So sagte er:
»Desperados der akademischen Freiheit müsse eine Demokratie ertragen.« Er hat da-
mit offenbar grundsätzlich ausgeschlossen, überhaupt in Erwägung zu ziehen, einen
Dozenten oder Professor, der einmal da ist, in seiner Tätigkeit zu beschränken, ihm die
venia legendi zu entziehen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der Ministerpräsi-
dent zeigte sich also als Hüter und Wahrer der vollen Lehrfreiheit. Und ebenso der Kul-
tusminister, der in seinem »letzten Wort« die Fälle des Professors und des Hochschul-
referenten parallelisierte: Überprüft werde der Senatsvorschlag für die Ernennung.
»Außerdem« aber »werde überprüft, ob der Hochschulreferent bei seinen Aussagen
über Bense in der Öffentlichkeit zu weit gegangen sei.«
Jaspers: Man könnte fast denken, es habe sich wirklich nur um die Frage der Manie-
ren gehandelt. Sowohl vom Professor wie vom Ministerialbeamten sind bessere Ma-
nieren zu erwarten, als die hier sichtbar gewordenen. Freilich: Die guten Manieren,
mit denen ich, etwas bagatellisierend, das nenne, worum es sich hier handelt, sind bei
dem Beamten und dem Professor, dem Wesen ihrer Berufe entsprechend, verschieden.
Der Beamte hat die Grenzen seiner Befugnisse einzuhalten. Er hat sich den Weisungen
seines Vorgesetzten zu fügen. Er verletzt die Treuepflicht des Beamten, wenn er auf ir-
gendwelchen Wegen seine Partei gegen seinen Minister sich mobilisieren läßt. Eben-
sowenig darf er den Respekt vor den Hochschulprofessoren verletzen. Er hat für deren
Dasein und ihre Arbeitsmöglichkeiten, der Universitätsidee und ihnen dienend, dem
Auftrag seines Amtes gemäß zu sorgen, wissend, daß die Forscherund Denker, denen er
als Beamter vorgesetzt ist, in der Rangordnung des geistigen Schaffens über ihm stehen.
Der Professor aber hat in seinem Beruf niemanden über sich. Er ist zwar der Daseins-
form nach Beamter. Dem Wesen nach aber ist er auf Grund seiner vom Staate selber
gewünschten völlig freien Tätigkeit kein Beamter. Denn er hat für seinen Beruf keiner-
lei Weisungen zu empfangen; er erteilt diese allein sich selber. Seine Verantwortung
 
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