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Stellenkommentar
Als »Mäeutik« wird eine didaktische Methode bezeichnet, die auf den platonischen Sokra-
tes zurückgeht. Dieser hatte, wie im Dialog Theaitetos (1486-15 id) dargelegt, seine Dialog-
kunst mit der Tätigkeit von Hebammen verglichen und entsprechend als philosophische
»Hebammenkunst« bezeichnet. Die Mäeutik verhilft dem Gesprächspartner, nachdem die-
ser zur Einsicht in sein Nichtwissen gebracht wurde, durch leitende Fragen dazu, selbst zur
Erkenntnis zu finden.
Vgl. Stellenkommentar Nr. 37.
Der Hinweis bezieht sich auf Goethes Spätwerk Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Ent-
sagenden, das als Teilband zuerst 1821, als vollendetes Werk 1829 erschien. Eine der These
entsprechende Textstelle ist in Goethes Roman nicht nachweisbar. Der Verweis auf dieses
Werk wurde von Jaspers in den späteren Ausgaben der Idee der Universität getilgt.
Als Psychiater hat sich Jaspers u.a. auch mit der Messbarkeit von Begabung auseinanderge-
setzt und selbst Intelligenztests bei Patienten durchgeführt (vgl. K. Jaspers: Philosophische
Autobiographie, 19). Im Sommersemester 1914 hielt er eine Vorlesung zum Thema »Psycho-
logie der Charaktere und Begabungen« (vgl. H.-F. Fulda: »Der Philosoph Karl Jaspers«, in:
J.-F. Leonhard [Hg.]: Karl Jaspers in seiner Heidelberger Zeit, Heidelberg 1983, 83-123,103).
Die Assoziation des Genialischen mit dem Dämonischen war zur Zeit der Publikation der
Idee der Universität weit verbreitet. Jaspers hat das Thema des »Dämonischen« in seiner Psy-
chologie der Weltanschauungen u.a. in Verbindung mit Goethe und Kierkegaard behandelt
(vgl. ebd., 428-432). Dabei orientiert sich Jaspers vor allem an Goethe, dem das Dämoni-
sche seiner Ansicht nach etwas Positives, Schaffendes gewesen ist (ebd., 193).
Vgl. Platon: Politeia V, 4/3c-d.
Jaspers bezieht sich hier auf grundsätzliche Antinomien des menschlichen Lebens, die er
in der Psychologie der Weltanschauungen ausführlich beschrieben hat (vgl. ebd., 229-247).
Die vollständige Quellenangabe lautet: F. Maas: Über die Herkunftsbedingungen der geistigen
Führer. Ein Beitrag zur Soziologie der Begabung [Archiv für Sozialwissenschaft, Bd. 41], Tübin-
gen 1915.
Den Begriff der »Masse« hat Jaspers in der auf Die Idee der Universität folgenden Veröffent-
lichung, der kulturkritischen Schrift Die geistige Situation der Zeitvon 1931, ausführlich be-
handelt. Darin unterscheidet er drei Begriffe der Masse: 1. Masse als »ungegliederter Haufen«
von Menschen, die »in ihrer Affektivität eine Einheit werden«, 2. Masse als ein geistig durch
»Rezeption von Wort und Meinung« zusammengehöriges Publikum und 3. Masse als »Ge-
samtheit der Menschen, welche in einem Apparat der Daseinsordnung so gegliedert sind, daß
Wille und Eigenschaften der Majoritäten den Ausschlag geben müssen« (ebd., 33). Ins-
besondere die letztgenannte Bedeutung der Masse, die sie als »kontinuierlich sich auswir-
kende Macht unserer Welt« ausweist, bildet den Angriffspunkt für Jaspers’ Kritik der mo-
dernen Massengesellschaft.
Diesen folgenreichen Gedanken, der ähnlich auch von Friedrich Nietzsche, Gustave Le Bon
und Jose Ortega y Gasset geäußert wurde, hat Jaspers in Die geistige Situation derzeit weiter
entfaltet bis hin zu einer grundsätzlichen Kritik an den Nivellierungskräften und der Me-
diokrität der Masse (vgl. ebd., 36).
Vgl. J. G. Fichte: Ueberdas Wesen des Gelehrten und seine Erscheinungen im Gebiete der Freiheit,
GA1/8, 85, 91.
»TaylorSystem« ist Jaspers’ Bezeichnung für das auf den US-Amerikaner Frederick Winslow
Taylor (1856-1915) zurückgeführte Prinzip einer zeitlich eng getakteten und effizienzorien-
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Als »Mäeutik« wird eine didaktische Methode bezeichnet, die auf den platonischen Sokra-
tes zurückgeht. Dieser hatte, wie im Dialog Theaitetos (1486-15 id) dargelegt, seine Dialog-
kunst mit der Tätigkeit von Hebammen verglichen und entsprechend als philosophische
»Hebammenkunst« bezeichnet. Die Mäeutik verhilft dem Gesprächspartner, nachdem die-
ser zur Einsicht in sein Nichtwissen gebracht wurde, durch leitende Fragen dazu, selbst zur
Erkenntnis zu finden.
Vgl. Stellenkommentar Nr. 37.
Der Hinweis bezieht sich auf Goethes Spätwerk Wilhelm Meisters Wanderjahre oder die Ent-
sagenden, das als Teilband zuerst 1821, als vollendetes Werk 1829 erschien. Eine der These
entsprechende Textstelle ist in Goethes Roman nicht nachweisbar. Der Verweis auf dieses
Werk wurde von Jaspers in den späteren Ausgaben der Idee der Universität getilgt.
Als Psychiater hat sich Jaspers u.a. auch mit der Messbarkeit von Begabung auseinanderge-
setzt und selbst Intelligenztests bei Patienten durchgeführt (vgl. K. Jaspers: Philosophische
Autobiographie, 19). Im Sommersemester 1914 hielt er eine Vorlesung zum Thema »Psycho-
logie der Charaktere und Begabungen« (vgl. H.-F. Fulda: »Der Philosoph Karl Jaspers«, in:
J.-F. Leonhard [Hg.]: Karl Jaspers in seiner Heidelberger Zeit, Heidelberg 1983, 83-123,103).
Die Assoziation des Genialischen mit dem Dämonischen war zur Zeit der Publikation der
Idee der Universität weit verbreitet. Jaspers hat das Thema des »Dämonischen« in seiner Psy-
chologie der Weltanschauungen u.a. in Verbindung mit Goethe und Kierkegaard behandelt
(vgl. ebd., 428-432). Dabei orientiert sich Jaspers vor allem an Goethe, dem das Dämoni-
sche seiner Ansicht nach etwas Positives, Schaffendes gewesen ist (ebd., 193).
Vgl. Platon: Politeia V, 4/3c-d.
Jaspers bezieht sich hier auf grundsätzliche Antinomien des menschlichen Lebens, die er
in der Psychologie der Weltanschauungen ausführlich beschrieben hat (vgl. ebd., 229-247).
Die vollständige Quellenangabe lautet: F. Maas: Über die Herkunftsbedingungen der geistigen
Führer. Ein Beitrag zur Soziologie der Begabung [Archiv für Sozialwissenschaft, Bd. 41], Tübin-
gen 1915.
Den Begriff der »Masse« hat Jaspers in der auf Die Idee der Universität folgenden Veröffent-
lichung, der kulturkritischen Schrift Die geistige Situation der Zeitvon 1931, ausführlich be-
handelt. Darin unterscheidet er drei Begriffe der Masse: 1. Masse als »ungegliederter Haufen«
von Menschen, die »in ihrer Affektivität eine Einheit werden«, 2. Masse als ein geistig durch
»Rezeption von Wort und Meinung« zusammengehöriges Publikum und 3. Masse als »Ge-
samtheit der Menschen, welche in einem Apparat der Daseinsordnung so gegliedert sind, daß
Wille und Eigenschaften der Majoritäten den Ausschlag geben müssen« (ebd., 33). Ins-
besondere die letztgenannte Bedeutung der Masse, die sie als »kontinuierlich sich auswir-
kende Macht unserer Welt« ausweist, bildet den Angriffspunkt für Jaspers’ Kritik der mo-
dernen Massengesellschaft.
Diesen folgenreichen Gedanken, der ähnlich auch von Friedrich Nietzsche, Gustave Le Bon
und Jose Ortega y Gasset geäußert wurde, hat Jaspers in Die geistige Situation derzeit weiter
entfaltet bis hin zu einer grundsätzlichen Kritik an den Nivellierungskräften und der Me-
diokrität der Masse (vgl. ebd., 36).
Vgl. J. G. Fichte: Ueberdas Wesen des Gelehrten und seine Erscheinungen im Gebiete der Freiheit,
GA1/8, 85, 91.
»TaylorSystem« ist Jaspers’ Bezeichnung für das auf den US-Amerikaner Frederick Winslow
Taylor (1856-1915) zurückgeführte Prinzip einer zeitlich eng getakteten und effizienzorien-