III. Veranstaltungen
2. Dass Form und Gestaltung der Textträger, d.h. die Inszenierung des gesam-
ten Monuments, in der Antike eine wesentliche Rolle spielten. Die ,Inschrift4
bestand also nicht allein aus dem reinen Text als dem eigentlichen Informa-
tionsträger; vielmehr entfaltete sie ihre Wirkung erst im wechselseitigen Zu-
sammenspiel mit dem als Inschriftenträger fungierenden Denkmal. Der damit
einhergehende monumentale Aspekt von Inschriften, den man heute noch mit
dieser Gattung konnotiert, hat hier seine antiken Wurzeln.
3. Dass sich das Medium Inschrift für den römischen Bereich spätestens seit
der frühen Kaiserzeit als ein bewährtes Instrument der herrschaftlichen Re-
präsentation etablierte, ein Instrument, das zu diesem Zweck sowohl von den
Herrschern selbst, als auch interessanterweise sehr eifrig von den Untertanen
bespielt wurde, wobei zur Schau gestelltes Herrscherlob und tatsächliche Ge-
sinnung nicht unbedingt deckungsgleich sein mussten. Hier also ein weiteres
Merkmal von Inschriften, die somit auch dies waren: ganz authentische ,Lü-
gen-Monumente4.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang das Statement aus den „Denk-
würdigkeiten“ des Finanz- und Wirtschaftsfachmanns im Dienst des Kur-
fürsten, Stephan Freiherr von Stengel: „Ja, durchlauchtigster Karl Theodor,
Deiner Väterliche haben wir hauptsächlich die ... Stiftung so vieler Denkmäler,
welche Deinen Namen verewigen, zu danken“ (Hervorhebung Verf).
Denkmäler, die mit Karl Theodor in Zusammenhang stehen, ihm zu Ehren
errichtet wurden und deren Inschriften seinen Namen nennen, gibt es in und um
Heidelberg nicht wenige. Dass es sich bei ihnen jedoch weniger um großzügige
kurfürstliche Stiftungen handelte, sondern diese eigentlich von den umso groß-
mütigeren Untertanen gestiftet und finanziert worden sind, was, wie wir wissen,
durchaus für gehörigen Unmut sorgte, steht auf einem anderen Blatt, zeigt aber,
dass Inschriften seit der Antike ihre Rolle auch als ,Lügenmonumente4 keineswegs
eingebüßt haben.
So diente das Neckargemünder Stadttor von 1788 wortwörtlich nicht etwa der
Sicherheit der Stadt („non urbis securitati“), wie dies für ein Stadttor zunächst nahe
liegen würde, sondern allein der Ehre des Kurfürsten („Caroli Theodori ... glo-
riae aedificata“). Devotheitsbekundungen dieses Ausmaßes suchen selbst antiken
Kaisern gegenüber ihres gleichen. Im Sinne der Herrscherrepräsentation sehr
bewusst eingesetzt sind dabei zentrale antike Werte betonende Ausdrücke wie
„Vater des Vaterlandes“ (antik pater patriae), „Zierde“ (antik decus) und „heilig“
(antik pietas).
Demgegenüber fokussiert das wenige Jahre ältere Karlstor in Heidelberg (1781)
auf weitere Aspekte von Herrscherlob, indem des Kurfürsten Weitsicht und Milde
gepriesen werden: „providentia, clementia, vere magno“.
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2. Dass Form und Gestaltung der Textträger, d.h. die Inszenierung des gesam-
ten Monuments, in der Antike eine wesentliche Rolle spielten. Die ,Inschrift4
bestand also nicht allein aus dem reinen Text als dem eigentlichen Informa-
tionsträger; vielmehr entfaltete sie ihre Wirkung erst im wechselseitigen Zu-
sammenspiel mit dem als Inschriftenträger fungierenden Denkmal. Der damit
einhergehende monumentale Aspekt von Inschriften, den man heute noch mit
dieser Gattung konnotiert, hat hier seine antiken Wurzeln.
3. Dass sich das Medium Inschrift für den römischen Bereich spätestens seit
der frühen Kaiserzeit als ein bewährtes Instrument der herrschaftlichen Re-
präsentation etablierte, ein Instrument, das zu diesem Zweck sowohl von den
Herrschern selbst, als auch interessanterweise sehr eifrig von den Untertanen
bespielt wurde, wobei zur Schau gestelltes Herrscherlob und tatsächliche Ge-
sinnung nicht unbedingt deckungsgleich sein mussten. Hier also ein weiteres
Merkmal von Inschriften, die somit auch dies waren: ganz authentische ,Lü-
gen-Monumente4.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang das Statement aus den „Denk-
würdigkeiten“ des Finanz- und Wirtschaftsfachmanns im Dienst des Kur-
fürsten, Stephan Freiherr von Stengel: „Ja, durchlauchtigster Karl Theodor,
Deiner Väterliche haben wir hauptsächlich die ... Stiftung so vieler Denkmäler,
welche Deinen Namen verewigen, zu danken“ (Hervorhebung Verf).
Denkmäler, die mit Karl Theodor in Zusammenhang stehen, ihm zu Ehren
errichtet wurden und deren Inschriften seinen Namen nennen, gibt es in und um
Heidelberg nicht wenige. Dass es sich bei ihnen jedoch weniger um großzügige
kurfürstliche Stiftungen handelte, sondern diese eigentlich von den umso groß-
mütigeren Untertanen gestiftet und finanziert worden sind, was, wie wir wissen,
durchaus für gehörigen Unmut sorgte, steht auf einem anderen Blatt, zeigt aber,
dass Inschriften seit der Antike ihre Rolle auch als ,Lügenmonumente4 keineswegs
eingebüßt haben.
So diente das Neckargemünder Stadttor von 1788 wortwörtlich nicht etwa der
Sicherheit der Stadt („non urbis securitati“), wie dies für ein Stadttor zunächst nahe
liegen würde, sondern allein der Ehre des Kurfürsten („Caroli Theodori ... glo-
riae aedificata“). Devotheitsbekundungen dieses Ausmaßes suchen selbst antiken
Kaisern gegenüber ihres gleichen. Im Sinne der Herrscherrepräsentation sehr
bewusst eingesetzt sind dabei zentrale antike Werte betonende Ausdrücke wie
„Vater des Vaterlandes“ (antik pater patriae), „Zierde“ (antik decus) und „heilig“
(antik pietas).
Demgegenüber fokussiert das wenige Jahre ältere Karlstor in Heidelberg (1781)
auf weitere Aspekte von Herrscherlob, indem des Kurfürsten Weitsicht und Milde
gepriesen werden: „providentia, clementia, vere magno“.
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