Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015
— 2016
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https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0051
DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2015
DOI Kapitel:II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:Raible, Wolfgang: Metaphern als Denkmodelle
DOI Artikel:Kappes, Manfred M.: Molekül-Ionen mit und ohne Umgebung – Momentaufnahmen
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0051
- Umschlag
- Schmutztitel
- Titelblatt
- 5-10 Inhaltsverzeichnis
- 11-150 A. Das akademische Jahr 2015
-
151-239
B. Die Forschungsvorhaben
- 151-152 I. Forschungsvorhaben und Arbeitsstellenleiter (Übersicht)
-
153-239
II. Tätigkeitsberichte (chronologisch)
- 153-156 1. Deutsche Inschriften des Mittelalters
- 156-159 2. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache (DAG)
- 159-164 3. Deutsches Rechtswörterbuch
- 165-167 4. Martin Bucers Deutsche Schriften ´
- 167-169 5. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
- 169-172 6. Melanchthon-Briefwechsel
- 172-175 7. Altfranzösisches etymologisches Wörterbuch (DEAF)
- 175-180 8. Epigraphische Datenbank römischer Inschriften
- 181-183 9. Evangelische Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts
- 184-188 10. Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur
- 188-193 11. Buddhistische Steininschriften in Nordchina
- 194-196 12. Geschichte der südwestdeutschen Hofmusik im 18. Jahrhundert (Schwetzingen)
- 196-206 13. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt/Tübingen)
- 206-211 14. Nietzsche-Kommentar (Freiburg)
- 211-215 15. Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle
- 215-222 16. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
- 222-226 17. Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Freiburg)
- 226-230 18. Kommentierung und Gesamtedition der Werke von Karl Jaspers sowie Edition der Briefe und des Nachlasses in Auswahl
- 231-234 19. Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas (Tübingen)
- 234-239 20. Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal
-
241-315
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- 241-250 I. Die Preisträger
-
251-308
II. Das WIN-Kolleg
- 251-253 Aufgaben und Ziele des WIN-Kollegs
- 254 Verzeichnis der WIN-Kollegiaten
- 256-263 Fünfter Forschungsschwerpunkt „Neue Wege der Verflechtung von Natur- und Geisteswissenschaften“
-
264-
Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
- 264-265 3. Analyzing, Measuring and Forecasting Financial Risks by means of High-Frequency Data
- 266-270 4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
- 270-271 5. Geld, Gunst und Gnade. Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert
- 271-274 6. Neogeographie einer Digitalen Erde: Geo-Informatik als methodische Brücke in der interdisziplinären Naturgefahrenanalyse (NEOHAZ)
- 274-277 7. Quantifizierung und Operationalisierung der Verhältnismäßigkeit von internationalen und interlokalen Sanktionen
- 278-283 8. Regulierung neuer Herausforderungen in den Naturwissenschaften – Datenschutz und Datenaustausch in der transnationalen genetischen Forschung
- 284-287 9. Der digital turn in den Altertumswissenschaften: Wahrnehmung – Dokumentation – Reflexion
- 288-291 10. Juristisches Referenzkorpus (JuReKo) – Computergestützte Zugänge zu Sprache und Dogmatik des Rechts
- 291-294 11. Die Vermessung der Welt. Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
- 294-297 12. Wissen(schaft), Zahl und Macht. Zeitgenössische Politik zwischen Rationalisierung und Zahlenhörigkeit
- 298-301 13. Thermischer Komfort und Schmerz: Reflexionen zur Methodik und deren Auswirkungen
- 301-304 14. Charakterisierung von durchströmten Gefäßen und der Hämodynamik mittels modell- und simulationsbasierter Fluss-MRI (CFD-MRI)
- 304-307 15. Zählen und Erzählen. Spielräume und Korrelationen quantitativer und qualitativer Welterschließung
- 307-308 16. Metaphern und Modelle – Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
-
309-315
III. Akademiekonferenzen
- 317-386 D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
- 387-392 E. Anhang
- 393-401 Personenregister
- Umschlag
Manfred Kappes
Sequenzen“, was ein „Transkriptions“-Prozess ist, das Genom von Lebewesen wird
„dechiffriert“ etc.2
Solche Metaphern als Denkmodelle sind allenthalben anzutreffen. Der Phi-
losoph Hans Blumenberg hat einige näher beschrieben: die Welt als Buch („Die
Lesbarkeit der Welt“), die Welt als Uhrwerk, die Lebensreise als Schiffbruch; im
18. Jahrhundert gibt es Denken als Weben, das dann einen literarischen Nieder-
schlag in der Schülerszene im Faust findet - eine Vorstellung, hinter der der Artikel
über die Strumpfwirkmaschine (/e metierä faire des bas) in Diderots und d’Alemberts
Encydopedie steht. Allgegenwärtig ist heute das Netz(werk), seit einiger Zeit das
Gehirn als Computer, etc.
Festhalten kann man, dass eine Vorstellung, auf eine andre projiziert, entwe-
der Similarität und damit Metaphern oder Kontiguität und damit Metonymien
erzeugt. Um sich dies auch für die Metonymien zu verdeutlichen, muss man sich
nur überlegen, wie wir mit tabuisierten Bereichen umgehen, etwa mit Alkoholis-
mus: „Jemand schaut zu tief ins Glas“, „gießt sich einen hinter die Binde“, „hat
einen Seemannsgang“, „eine schwere Zunge“, etc.
Metaphern und Metonymien sind also keinesfalls Erscheinungen der Rhe-
torik, der Literatur oder der Dichtung. Wir könnten den Umgang mit unsrer
Lebenswelt überhaupt nicht ohne Metaphorik bewältigen, gerade auch in der Wis-
senschaft, wo Metaphorik ihren heuristischen Wert als (von der jeweiligen Zeit
abhängiges) Denkmodell voll entfalten kann.
Manfred Kappes
„Molekül-Ionen mit und ohne Umgebung - Momentaufnahmen"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 17. April 2015
Im häufig herangezogenen Bild einer chemischen Reaktion werden farbige Lö-
sungen in Erlenmeyer Kolben miteinander vermengt, um damit zu andersfarbigen
Molekülen umgesetzt zu werden. Das sieht schön und zugleich einfach aus. Meist
besteht aber die entsprechende Chemie aus einer komplexen Kaskade elementarer
Reaktionen, die oft nicht vollständig erfasst sind, weil die molekulare Zusammen-
setzung der Lösungen unsicher ist. Ein Beispiel vermag das zu verdeutlichen. Flüs-
siges Wasser ist das wohl bekannteste Lösungsmittel der Chemie. Darin lassen sich
ionische Verbindungen gut lösen - so z. B. Metalloporphyrinsalze. Dabei stellt sich
ein dynamisches Lösungsgleichgewicht ein, an dem viele unterschiedliche ioni-
2 Der erste, der die Alphabetschrift als Denkmodell für genetische Information verwendet,
dürfte 1893 Friedrich Miescher in Basel gewesen sein. Vgl. Raible, Sprachliche Texte - Genetische
Texte, Heidelberg: Winter (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
Jg. 1993, 1), S. 9 f.
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Sequenzen“, was ein „Transkriptions“-Prozess ist, das Genom von Lebewesen wird
„dechiffriert“ etc.2
Solche Metaphern als Denkmodelle sind allenthalben anzutreffen. Der Phi-
losoph Hans Blumenberg hat einige näher beschrieben: die Welt als Buch („Die
Lesbarkeit der Welt“), die Welt als Uhrwerk, die Lebensreise als Schiffbruch; im
18. Jahrhundert gibt es Denken als Weben, das dann einen literarischen Nieder-
schlag in der Schülerszene im Faust findet - eine Vorstellung, hinter der der Artikel
über die Strumpfwirkmaschine (/e metierä faire des bas) in Diderots und d’Alemberts
Encydopedie steht. Allgegenwärtig ist heute das Netz(werk), seit einiger Zeit das
Gehirn als Computer, etc.
Festhalten kann man, dass eine Vorstellung, auf eine andre projiziert, entwe-
der Similarität und damit Metaphern oder Kontiguität und damit Metonymien
erzeugt. Um sich dies auch für die Metonymien zu verdeutlichen, muss man sich
nur überlegen, wie wir mit tabuisierten Bereichen umgehen, etwa mit Alkoholis-
mus: „Jemand schaut zu tief ins Glas“, „gießt sich einen hinter die Binde“, „hat
einen Seemannsgang“, „eine schwere Zunge“, etc.
Metaphern und Metonymien sind also keinesfalls Erscheinungen der Rhe-
torik, der Literatur oder der Dichtung. Wir könnten den Umgang mit unsrer
Lebenswelt überhaupt nicht ohne Metaphorik bewältigen, gerade auch in der Wis-
senschaft, wo Metaphorik ihren heuristischen Wert als (von der jeweiligen Zeit
abhängiges) Denkmodell voll entfalten kann.
Manfred Kappes
„Molekül-Ionen mit und ohne Umgebung - Momentaufnahmen"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 17. April 2015
Im häufig herangezogenen Bild einer chemischen Reaktion werden farbige Lö-
sungen in Erlenmeyer Kolben miteinander vermengt, um damit zu andersfarbigen
Molekülen umgesetzt zu werden. Das sieht schön und zugleich einfach aus. Meist
besteht aber die entsprechende Chemie aus einer komplexen Kaskade elementarer
Reaktionen, die oft nicht vollständig erfasst sind, weil die molekulare Zusammen-
setzung der Lösungen unsicher ist. Ein Beispiel vermag das zu verdeutlichen. Flüs-
siges Wasser ist das wohl bekannteste Lösungsmittel der Chemie. Darin lassen sich
ionische Verbindungen gut lösen - so z. B. Metalloporphyrinsalze. Dabei stellt sich
ein dynamisches Lösungsgleichgewicht ein, an dem viele unterschiedliche ioni-
2 Der erste, der die Alphabetschrift als Denkmodell für genetische Information verwendet,
dürfte 1893 Friedrich Miescher in Basel gewesen sein. Vgl. Raible, Sprachliche Texte - Genetische
Texte, Heidelberg: Winter (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
Jg. 1993, 1), S. 9 f.
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