III. Veranstaltungen
„Nietzsche zwischen Philosophie und Literatur.
Von der Fröhlichen Wissenschaft zu Also sprach Zarathustra"
Tagung der Forschungsstelle „Nietzsche-Kommentar" vom 17. bis
19. September 2015 in Heidelberg
Nietzsches CEuvre oszilliert in beispielloser Weise zwischen Denken und Dichten,
Philosophie und Poesie. Die Grenzen zwischen beiden Bereichen sind dabei flie-
ßend; entsprechend gilt Nietzsche seit Beginn seiner Wirkungsgeschichte weithin
als ,Dichter-Philosoph‘. Erstaunlich ist jedoch, dass eine systematische Reflexion
dieser Verschränkung von Dichtung und Philosophie innerhalb der Nietzsche-
Forschung noch weitgehend aussteht. Die von Katharina Grätz und Sebastian
Kaufmann (Mitarbeiter der Freiburger Forschungsstelle „Nietzsche-Kommentar“
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften) initiierte und organisierte inter-
nationale Tagung, die vom 17. bis 19. September 2015 in Heidelberg stattfand,
suchte einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke zu leisten. Unter Mitwirkung
von renommierten Wissenschaftlern aus Dänemark, Deutschland, England, Itali-
en, Österreich und der Schweiz wurde in sechzehn Einzelvorträgen und anschlie-
ßenden Diskussionen das Verhältnis von Philosophie und Literatur bei Nietzsche
genauer in den Blick genommen und im interdisziplinären Dialog zwischen Phi-
losophen und Literaturwissenschaftlern erörtert.
Im Zentrum standen dabei die beiden Werke Nietzsches, in denen seine Af-
finität zu literarischen Schreibweisen besonders deutlich hervortritt: Die fröhliche
Wissenschaft, die neben Aphorismen, Parabeln und Dialogen auch zahlreiche Ge-
dichte enthält, und die lyrisch-dramatische philosophische Erzählung‘ Also sprach
Zarathustra, die Nietzsche selbst als eine umfangreiche „Dichtung“ in „Versen“
verstand. Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik durch die beiden
Organisatoren, die unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Ver-
hältnisses von Philosophie und Literatur systematische Leitfragen formulierten,
folgten drei Sektionen mit Vorträgen zur Fröhlichen Wissenschaft, dem Zarathustra
und übergreifenden Überlegungen zur Relation von Philosophie und Literatur
bei Nietzsche. Im öffentlichen Abendvortrag Nietzsches , Wille zur Macht1 beleuch-
tete darüber hinaus der Initiator und langjährige Forschungsstellenleiter des
„Nietzsche-Kommentars“, Jochen Schmidt, das rezeptionsgeschichtlich überaus
bedeutsame Konzept des Willens zur Macht und dessen ideologische Nachwir-
kungen.
Im Eröffnungsvortrag der Konferenz beschäftigte sich Marco Brusotti (Lecce/
Berlin) mit der Überarbeitung, die der wichtige, das Zweite Buch der Fröhlichen
Wissenschaft beschließende Abschnitt 107 noch in den Druckfahnen erfahren hat. In
detaillierter textgenetischer Analyse arbeitete Brusotti heraus, inwiefern Nietzsches
Abschied von seiner ,Freigeisterei ‘ in der erheblichen Eiweiterung der Schlusspartie
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„Nietzsche zwischen Philosophie und Literatur.
Von der Fröhlichen Wissenschaft zu Also sprach Zarathustra"
Tagung der Forschungsstelle „Nietzsche-Kommentar" vom 17. bis
19. September 2015 in Heidelberg
Nietzsches CEuvre oszilliert in beispielloser Weise zwischen Denken und Dichten,
Philosophie und Poesie. Die Grenzen zwischen beiden Bereichen sind dabei flie-
ßend; entsprechend gilt Nietzsche seit Beginn seiner Wirkungsgeschichte weithin
als ,Dichter-Philosoph‘. Erstaunlich ist jedoch, dass eine systematische Reflexion
dieser Verschränkung von Dichtung und Philosophie innerhalb der Nietzsche-
Forschung noch weitgehend aussteht. Die von Katharina Grätz und Sebastian
Kaufmann (Mitarbeiter der Freiburger Forschungsstelle „Nietzsche-Kommentar“
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften) initiierte und organisierte inter-
nationale Tagung, die vom 17. bis 19. September 2015 in Heidelberg stattfand,
suchte einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke zu leisten. Unter Mitwirkung
von renommierten Wissenschaftlern aus Dänemark, Deutschland, England, Itali-
en, Österreich und der Schweiz wurde in sechzehn Einzelvorträgen und anschlie-
ßenden Diskussionen das Verhältnis von Philosophie und Literatur bei Nietzsche
genauer in den Blick genommen und im interdisziplinären Dialog zwischen Phi-
losophen und Literaturwissenschaftlern erörtert.
Im Zentrum standen dabei die beiden Werke Nietzsches, in denen seine Af-
finität zu literarischen Schreibweisen besonders deutlich hervortritt: Die fröhliche
Wissenschaft, die neben Aphorismen, Parabeln und Dialogen auch zahlreiche Ge-
dichte enthält, und die lyrisch-dramatische philosophische Erzählung‘ Also sprach
Zarathustra, die Nietzsche selbst als eine umfangreiche „Dichtung“ in „Versen“
verstand. Nach einer allgemeinen Einführung in die Thematik durch die beiden
Organisatoren, die unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des Ver-
hältnisses von Philosophie und Literatur systematische Leitfragen formulierten,
folgten drei Sektionen mit Vorträgen zur Fröhlichen Wissenschaft, dem Zarathustra
und übergreifenden Überlegungen zur Relation von Philosophie und Literatur
bei Nietzsche. Im öffentlichen Abendvortrag Nietzsches , Wille zur Macht1 beleuch-
tete darüber hinaus der Initiator und langjährige Forschungsstellenleiter des
„Nietzsche-Kommentars“, Jochen Schmidt, das rezeptionsgeschichtlich überaus
bedeutsame Konzept des Willens zur Macht und dessen ideologische Nachwir-
kungen.
Im Eröffnungsvortrag der Konferenz beschäftigte sich Marco Brusotti (Lecce/
Berlin) mit der Überarbeitung, die der wichtige, das Zweite Buch der Fröhlichen
Wissenschaft beschließende Abschnitt 107 noch in den Druckfahnen erfahren hat. In
detaillierter textgenetischer Analyse arbeitete Brusotti heraus, inwiefern Nietzsches
Abschied von seiner ,Freigeisterei ‘ in der erheblichen Eiweiterung der Schlusspartie
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