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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015 — 2016

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A. Das akademische Jahr 2015
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III. Veranstaltungen
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Leopold, Silke: Naturlaute: Akademiesalon am 5. Juli 2015
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https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0115
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Akademiesalon: „Naturlaute

men, andererseits aber vor allem die Flageolett-Töne in den Streichern, die das
flimmernde Licht der Morgensonne zwischen den Bäumen des Waldes hörbar
machen sollte. Hundegebell und Vogelgezwitscher, Meeresrauschen und das Pfei-
fen des Windes: Dass die Natur ihren eigenen Klang hat, wird jeder bestätigen,
der sich fernab unseres zivilisatorischen Lärms unter freiem Himmel aufhält. Die
Naturwissenschaften, namentlich die Physik oder die Biologie, können darüber
Auskunft geben, was es mit diesen Klängen auf sich hat. Naturlaute mit den Mit-
teln der Musik zu imitieren hat die Komponisten seit dem Mittelalter und bis in
die heutige Zeit hinein fasziniert. Wie klingt eine Wachtel auf der Violine? Wie eine
Nachtigall im Vokalensemble? Wie ein Huhn auf dem Cembalo?
Thomas Holstein, Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
und als Biologe selbst mit der Untersuchung von Lebewesen, wenn auch stummen
wie Süßwasserhydra oder Seeanemone befasst, führte das Gespräch in diesem Jahr
mit Michael Wink, Professor für Pharmazeutische Biologie an der Universität Hei-
delberg, international anerkannter Ornithologe und ausgewiesener Kenner von Vo-
gelstimmen, die er zu Hunderten auf seinem Handy gespeichert hat und bei Bedarf
ertönen lassen kann, und mit Silke Leopold, Musikwissenschaftlerin und Mitglied
der Philosophisch-Historischen Klasse der Akademie. Dabei ging es zunächst um
die Frage, wie, wann und warum Vögel singen, welche Botschaften sie aussenden
und an wen, später dann um die Frage, wie aus Natur Kunst werden kann, wie die
Vogelstimmen mit ihren inhärenten Irregularitäten hinsichtlich der Tonhöhe und
der Tondauer in ein Tonsystem übertragen werden können, das von mathematischen
Verhältnissen, von Ganz- und Halbtönen, von halben, Viertel- und Achtelnoten ge-
prägt ist. Anhand von Athanasius Kirchers Musurgia universalis (1650), wo die Stim-
men von Huhn und Hahn, Nachtigall und Wachtel, Kuckuck und Papagei in Noten


aufgeschrieben er-
scheinen, ließ sich
die Geschichte des
Vogelgesangs in der
europäischen Kunst-
musik vom Mittel-
alter über Heinrich
Ignaz Franz Bibers
Vogelstimmensonate
mit dem Titel „Sona-
ta representativa“ bis
hin zu Beethovens
Pastoralsymphonie
und darüber hin-
aus nachvollziehen.
(Bild links)

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