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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015 — 2016

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C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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II. Das WIN-Kolleg
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Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
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4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
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https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0268
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4. Das menschliche Spiegelneuronensystem (WIN-Programm)

ein hoch ausgereiftes und vielfach erprobtes Verfahren zur Verfügung, das zudem
in der weit verbreiteten Analysesoftware SPM implementiert ist. Dieses Verfah-
ren benutzt ebenfalls ein feuerraten-basiertes Modell, auf dessen Grundlage die-
jenige Netzwerkstruktur berechnet wird, die aufgrund der gegebenen Daten am
wahrscheinlichsten ist. Das klassische DCM-Verfahren benutzt jedoch ein stark
vereinfachtes Modell der lokalen Zellverbände, die insbesondere ihre nichtlineare
Dynamik ignoriert. Ziel war es daher, das zuvor untersuchte realistischere Feuerra-
tenmodell in das DCM-Verfahren zu integrieren und so die Parameter der lokalen
Zellverbände zusammen mit den Parametern der Netzwerkstruktur zu schätzen.
Dazu war es zunächst nötig, die komplexe SPM-Software genau zu analysieren
und diejenigen Codebestandteile zu extrahieren, die es zu verändern galt. Die
DCM-Analyse wurde zunächst ohne jede Veränderung an einem repräsentativen
Datensatz aus dem experimentellen Teil durchgeführt und dann mithilfe einer mi-
nimalen Veränderung (Addition oder Multiplikation einer Konstanten in der Dif-
ferentialgleichung) auf ihre Stabilität getestet. Erwartungsgemäß veränderten sich
die Ergebnisse der Analyse bei der Addition nur linear, während bei einer Multi-
plikation bereits vergleichsweise kleine Werte zu einer Divergenz der Aktivitäten
und damit dem Abbruch der Analyse führten. In einem weiteren Schritt gelang
es, den Wert der Konstante zusammen mit den anderen Parametern zu schätzen.
Der optimale Wert dieser Konstante lag erwartungsgemäß nahe Null, wie bereits
vorherige Analysen nahe gelegt hatten. Durch diese Vorarbeiten ist nun der Weg
frei für eine vollständige Anpassung des Feuerratenmodells an die experimentellen
fMRT-Daten.
Parallel zu dieser Arbeit wurde das bereits existierende Netzwerkmodell im
Rahmen eines Forschungsaufenthalts von Dr. Hass in der Arbeitsgruppe von Prof.
Nancy Kopell an der Boston University weiter entwickelt und an die Erforder-
nisse des Projekts angepasst. Im Fokus stand dabei die Fragestellung, unter wel-
chen Bedingungen funktionell relevante Prozesse wie kortikale Rhythmen (etwa
der My-Rhythmus, dessen Unterdrückung als Indikator für die Aktivierung von
Motorneuronen gilt) und zeitlich persistente Aktivität (eine mögliche neuronale
Grundlage des Arbeitsgedächtnisses) in das biologisch hochvalide Netzwerk inte-
griert werden können. In stark vereinfachten Netzwerkmodellen sind diese Pro-
zesse leicht zu integrieren, jedoch ergaben sich durch die biologisch detaillierte
Modellierung Nebenbedingungen, die in bisherigen Studien ignoriert wurden.
Bei der Implementierung von kortikalen Rhythmen war die wichtigste Herausfor-
derung, das synchrone Feuern während dieser Oszillationen mit der hochgradig
asynchronen Aktivität der Neurone im Grundzustand des Netzwerks in Einklang
zu bringen, die sowohl in in zwo-Studien als auch in dem existierenden Modell
gefunden wurde. Der Übergang vom asynchronen Grundzustand in den synchro-
nen rhythmischen Zustand wurde dann möglich, wenn die Hintergrundaktivität
der inhibitorischen Interneurone reduziert wurde, so dass ihre Aktivierung von

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