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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2015 — 2016

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
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Jelezko, Fedor: Fedor Jelezko: Antrittsrede vom 24. Januar 2015
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55653#0317
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

auszusuchen. Zu meinem großen Glück bekam ich dadurch die Möglichkeit, in
der Gruppe von Michel Orrit zu arbeiten. Diese Gruppe befasste sich mit einem
damals neuen Forschungsfeld: der Spektroskopie einzelner Moleküle im Fest-
körper.
Es war zu diesem Zeitpunkt schon lange bekannt, dass man einzelne Atome
im Vakuum gut beobachten kann. Doch gelang es erst im Jahre 1988, einzelne
Quantensysteme in Festkörpern zu beobachten. Im letzten Jahr, also 25 Jahre spä-
ter, wurde für diese Erkenntnisse der Nobelpreis für Chemie verliehen. Verbun-
den ist dies mit dem großen Potential der Spektroskopie in Chemie und Biologie.
Damals, im Jahr 1994, war diese Anwendung alles andere als offensichtlich. Un-
sere Forschungen auf diesem Gebiet wurden damals geleitet von der Neugierde
und dem Streben nach Verständnis der fundamentalen Wechselwirkung von Licht
und Materie - und nicht von der Aussicht auf eine zeitnahe Anwendung unserer
Erkenntnisse in neuen Technologien.
Nach der Fertigstellung meiner Dissertation betrat ich ein neues Feld in mei-
nem Werdegang als Wissenschaftler. Das neue Thema, mit dem ich mich von da an
beschäftigen sollte, wurde die Quantenoptik von einzelnen Atomen in Diamanten.
Der daran forschenden Gruppe von Jörg Wrachtrup in Chemnitz schloss ich mich
im Jahr 1999 an und folgte ihr auch im Jahr 2000 nach Stuttgart.
Ende der 90er Jahre/Anfang des neuen Millenniums entdeckten Jörg Wracht-
rup und ich, dass der Diamant aus der Sicht der Quanten-Optik ein einzigartiges
Material ist. Natürlich war er aufgrund seiner hervorragenden Wärmeleitfähigkeit
und Härte bereits zuvor wohlbekannt. Aus Sicht der Schmuckindustrie stellt er
seit jeher den teuersten aller Edelsteine dar. Juweliere schätzen diejenigen Dia-
manten am meisten, die besonders verfärbt sind. Die Verfärbung der Diamanten
wird dabei durch Fremdatome im Kohlenstoffgitter der Diamanten hervorgeru-
fen, die man Farbzentren nennt. Farbzentren in Diamanten wurden daher bereits
lange davor im Auftrag der Schmuckindustrie erforscht.
Wir gingen aus ganz anderem Interesse an die Erforschung heran. Unsere
Aufmerksamkeit galt neuen Anwendungen von Farbzentren in Quantencompu-
tern und in Einzelphotonenquellen für die Quanten-Kryptographie. Uns gelang es
auch vorherzusagen, dass es möglich sei, mithilfe optischer Mikroskopie Zustände
einzelner Atome abzulesen. An dieser Stelle muss ich anmerken, dass das For-
schungsgebiet der Quanteninformation zu dem Zeitpunkt noch neu war. Eine ers-
te Förderung dieses damals riskanten Projektes ging von der „Landesstiftung BW“
aus, die mir das Stipendium „Elite-Förderung für Post-docs“ verlieh. Die Grund-
idee ist die, dass statt der üblichen Transistoren im Diamant-Quantencomputer
einzelne Atome verwendet werden. Quantenzustände erlauben es nämlich, Infor-
mationen weitaus schneller zu verarbeiten, als es herkömmliche Computer tun.
So ist bereits ein Quantencomputer, dessen Rechenoperationen von 100 Atomen
durchgeführt werden, schneller als die bisher schnellsten Supercomputer. Wenn

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