II. Wissenschaftliche Vorträge
Wesentliche Elemente dieser Prämissen werden im Titelzitat zusammenge-
fasst, das einer lyrischen Reflexion des anglokaribischen Nobelpreisträgers für Li-
teratur Derek Walcott über den langen Schatten des Kolonialismus entstammt.2
Als konkrete Belege für die teilweise Entkopplung von politischer und sprach-
lich-kultureller Macht verweise ich darauf, dass die Welt weder am Höhepunkt der
Machtentfaltung des British Empire im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert noch
im Zenit des American Century (den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg) sprach-
lich unipolar war. Weder 1910 noch 1950 war das Englische die unangefochtene
Weltsprache. Das Französische und, insbesondere im Bereich der wissenschaftli-
chen Publikation, auch das Deutsche standen mit ihm im Wettbewerb. Das sprach-
liche Gefüge der Welt war dominiert von konkurrierenden world languages (Plural),
jedoch noch nicht von einer einzigen global language (Singular). Dieser interpretie-
rende Befund deckt sich im Übrigen mit dem, der sich bei Anwendung der groben
statistischen Werkzeuge des Google Ngram Viewer ergibt:
Google Books Ngram Viewer
between
from the corpus Tnglish
TJ with smoothing of | 3 * |
Searcti lots of books
Abb. 1: Häufigkeit der Suchbegriffe world languages und global language in dem im Google Books-Projekt
digitalisierten englischsprachigen Textmaterial (Zeitraum 1970-2008; https://books.google.com/ngrams)
Wie das Diagramm zeigt, war 1970 von einer global language noch kaum die Re-
de, seit 1998 dagegen ist der Begriff häufiger als world languages. Wie konnte es dazu
kommen, dass die zunehmend unübersichtliche und multipolare Welt der Globa-
lisierung sprachlich so unipolar geworden ist, dass sie sich auf das Englische als al-
leinige globale Lingua Franca verständigt hat? Die sprachwissenschaftliche Anglistik
hat in den letzten drei Jahrzehnten zwar einen Berg von Literatur produziert, die
uns über die vielfältigen Spielarten der einen Weltsprache umfassend informiert,
2 Derek Walcott, „North and South,“ The Fortunate Traveller (New York: Farrar Straus Giroux,
1981).
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Wesentliche Elemente dieser Prämissen werden im Titelzitat zusammenge-
fasst, das einer lyrischen Reflexion des anglokaribischen Nobelpreisträgers für Li-
teratur Derek Walcott über den langen Schatten des Kolonialismus entstammt.2
Als konkrete Belege für die teilweise Entkopplung von politischer und sprach-
lich-kultureller Macht verweise ich darauf, dass die Welt weder am Höhepunkt der
Machtentfaltung des British Empire im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert noch
im Zenit des American Century (den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg) sprach-
lich unipolar war. Weder 1910 noch 1950 war das Englische die unangefochtene
Weltsprache. Das Französische und, insbesondere im Bereich der wissenschaftli-
chen Publikation, auch das Deutsche standen mit ihm im Wettbewerb. Das sprach-
liche Gefüge der Welt war dominiert von konkurrierenden world languages (Plural),
jedoch noch nicht von einer einzigen global language (Singular). Dieser interpretie-
rende Befund deckt sich im Übrigen mit dem, der sich bei Anwendung der groben
statistischen Werkzeuge des Google Ngram Viewer ergibt:
Google Books Ngram Viewer
between
from the corpus Tnglish
TJ with smoothing of | 3 * |
Searcti lots of books
Abb. 1: Häufigkeit der Suchbegriffe world languages und global language in dem im Google Books-Projekt
digitalisierten englischsprachigen Textmaterial (Zeitraum 1970-2008; https://books.google.com/ngrams)
Wie das Diagramm zeigt, war 1970 von einer global language noch kaum die Re-
de, seit 1998 dagegen ist der Begriff häufiger als world languages. Wie konnte es dazu
kommen, dass die zunehmend unübersichtliche und multipolare Welt der Globa-
lisierung sprachlich so unipolar geworden ist, dass sie sich auf das Englische als al-
leinige globale Lingua Franca verständigt hat? Die sprachwissenschaftliche Anglistik
hat in den letzten drei Jahrzehnten zwar einen Berg von Literatur produziert, die
uns über die vielfältigen Spielarten der einen Weltsprache umfassend informiert,
2 Derek Walcott, „North and South,“ The Fortunate Traveller (New York: Farrar Straus Giroux,
1981).
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