Antrittsrede von Burkhard Hasebrink
dieser internationalen Treffen; Streifzüge durch das mittelalterliche Bern, Zürich
oder Straßburg mit öffentlichen Kurzreferaten durchbrachen diese Lektüren.
Ein weiteres internationales Forum bot das jährliche Graduiertentreffen der
Germanistischen Mediävistik aus Oxford, Freiburg, Fribourg und Genf. Eine der
besten Kennerinnen der mittelalterlichen Frauenmystik, Almut Suerbaum, wurde
auf diese Weise eine von allen Doktorandinnen und Doktoranden hoch geschätzte
Ratgeberin. In meiner Familie waren jedenfalls alle froh, dass aus mir nach den
langen Studienjahren doch noch etwas geworden war. Man hatte sich schon etwas
Sorgen gemacht.
Die vergangenen Jahre in Freiburg brachten neue Kooperationen. Die en-
ge Zusammenarbeit mit der Oxforder Altgermanistik fand ihren Ausdruck im
Anglo-German Colloquium 2005, das sich der Inszenierung von Innenräumen
in der deutschen Literatur des Mittelalters widmete. In Freiburg ist das Mittelal-
terzentrum zur Drehscheibe eines engen Austauschs der mediävistischen Fächer
geworden. Inzwischen hatte ich zwei Rufe nach Zürich und Göttingen abgelehnt.
2007 bat mich die damalige Dekanin der philologischen Fakultät, Elisabeth Cheau-
re, in eine Kommission, die einen neuen Forschungsverbund entwickeln sollte.
Ich schlug ein Thema vor, das mich seit den 80er Jahren verfolgte und in seiner
Spannung von Historizität und Aktualität hervorragend den Anspruch einer phi-
lologischen Fakultät zur Geltung brachte. Ich nannte das Projekt „Kulturen der
Muße“, und die Leitfrage dieses Projekts zielte darauf, wie unterschiedliche Kultu-
ren Freiräume der Muße (und damit meist Freiräume von Eliten) semantisierten
und inszenierten. Als Mediävist hatte ich natürlich die mittelalterliche Klosterkul-
tur im Blick, und ich war selbst überrascht, wie ergiebig dieses Thema auch für
das Verständnis der höfischen Kultur des Mittelalters war. Wollte ich vor Ihnen
aber über Muße in der Antike sprechen, würde ich angesichts der Forschungen
von Hans-Joachim Gehrke und Bernhard Zimmermann nun wirklich Eulen nach
Athen tragen.
In der Vorbereitungszeit spielte auch das Freiburg Institute for Advanced Stu-
dies (FRIAS) eine bedeutende Rolle, dessen wissenschaftliches und intellektuelles
Profil unter Werner Frick weltweite Ausstrahlung erzielte. Das FRIAS schien mir
unser Thema geradezu zu spiegeln und im Nachhinein zu bestätigen, wie sehr
der Legitimationsbedarf geistiger Freiräume die Debatten um Eliten auch heu-
te bestimmt. Über die Fakultätsgrenzen hinaus konnten Fächer wie Philosophie,
Theologie, Ethnologie und Psychologie gewonnen werden, und die entsprechen-
den Diskussionen zählen zu den größten Bereicherungen, die ich in Freiburg er-
fahren durfte. 2009 lehnte ich einen Ruf an die Humboldt-Universität zu Berlin
ab. Die Vorbereitung des Sonderforschungsbereichs stand in diesen Jahren im
Vordergrund, doch lagen mir auch zwei inzwischen erfolgreich abgeschlossene
DFG-Projekte am Herzen, die einerseits die handschriftliche Überlieferung von
Eckhartpredigten in ausgewählten Klöstern und andererseits die Erforschung des
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dieser internationalen Treffen; Streifzüge durch das mittelalterliche Bern, Zürich
oder Straßburg mit öffentlichen Kurzreferaten durchbrachen diese Lektüren.
Ein weiteres internationales Forum bot das jährliche Graduiertentreffen der
Germanistischen Mediävistik aus Oxford, Freiburg, Fribourg und Genf. Eine der
besten Kennerinnen der mittelalterlichen Frauenmystik, Almut Suerbaum, wurde
auf diese Weise eine von allen Doktorandinnen und Doktoranden hoch geschätzte
Ratgeberin. In meiner Familie waren jedenfalls alle froh, dass aus mir nach den
langen Studienjahren doch noch etwas geworden war. Man hatte sich schon etwas
Sorgen gemacht.
Die vergangenen Jahre in Freiburg brachten neue Kooperationen. Die en-
ge Zusammenarbeit mit der Oxforder Altgermanistik fand ihren Ausdruck im
Anglo-German Colloquium 2005, das sich der Inszenierung von Innenräumen
in der deutschen Literatur des Mittelalters widmete. In Freiburg ist das Mittelal-
terzentrum zur Drehscheibe eines engen Austauschs der mediävistischen Fächer
geworden. Inzwischen hatte ich zwei Rufe nach Zürich und Göttingen abgelehnt.
2007 bat mich die damalige Dekanin der philologischen Fakultät, Elisabeth Cheau-
re, in eine Kommission, die einen neuen Forschungsverbund entwickeln sollte.
Ich schlug ein Thema vor, das mich seit den 80er Jahren verfolgte und in seiner
Spannung von Historizität und Aktualität hervorragend den Anspruch einer phi-
lologischen Fakultät zur Geltung brachte. Ich nannte das Projekt „Kulturen der
Muße“, und die Leitfrage dieses Projekts zielte darauf, wie unterschiedliche Kultu-
ren Freiräume der Muße (und damit meist Freiräume von Eliten) semantisierten
und inszenierten. Als Mediävist hatte ich natürlich die mittelalterliche Klosterkul-
tur im Blick, und ich war selbst überrascht, wie ergiebig dieses Thema auch für
das Verständnis der höfischen Kultur des Mittelalters war. Wollte ich vor Ihnen
aber über Muße in der Antike sprechen, würde ich angesichts der Forschungen
von Hans-Joachim Gehrke und Bernhard Zimmermann nun wirklich Eulen nach
Athen tragen.
In der Vorbereitungszeit spielte auch das Freiburg Institute for Advanced Stu-
dies (FRIAS) eine bedeutende Rolle, dessen wissenschaftliches und intellektuelles
Profil unter Werner Frick weltweite Ausstrahlung erzielte. Das FRIAS schien mir
unser Thema geradezu zu spiegeln und im Nachhinein zu bestätigen, wie sehr
der Legitimationsbedarf geistiger Freiräume die Debatten um Eliten auch heu-
te bestimmt. Über die Fakultätsgrenzen hinaus konnten Fächer wie Philosophie,
Theologie, Ethnologie und Psychologie gewonnen werden, und die entsprechen-
den Diskussionen zählen zu den größten Bereicherungen, die ich in Freiburg er-
fahren durfte. 2009 lehnte ich einen Ruf an die Humboldt-Universität zu Berlin
ab. Die Vorbereitung des Sonderforschungsbereichs stand in diesen Jahren im
Vordergrund, doch lagen mir auch zwei inzwischen erfolgreich abgeschlossene
DFG-Projekte am Herzen, die einerseits die handschriftliche Überlieferung von
Eckhartpredigten in ausgewählten Klöstern und andererseits die Erforschung des
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