D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
Produktion in Grün- und Blaualgen“ verfasst - also über Photosynthese. Dieses
Gebiet sollte meine wissenschaftliche Entwicklung Jahre später entscheidend be-
einflussen. Meine Mutter war unterdessen mit Unverständnis und Äußerungen
konfrontiert - wie z. B. „Warum lässt Du Deine Tochter aufs Gymnasium?“ oder
„Ein Studium für ein Mädchen - das rentiert sich doch nicht“. Vermutlich wollten
meine Eltern ihren Kindern die Wahlmöglichkeiten geben, die sie selbst in ihrer
Jugend nicht hatten.
Nach dem Abitur hatte ich die Qual der Wahl. Biochemiestudiengänge gab
es damals wenige - davon einen der besten in Tübingen. Allerdings wurde mir
mitgeteilt, dass die Regelstudienzeit dort bei 16 Semestern läge. Daraufhin suchte
ich ein möglichst vielseitiges, aber kürzeres Studium im Bereich der Chemie, und
habe mich für die Lebensmittelchemie an der LMU in München entschieden -
mit nur zehn Studenten im 1. Semester. Nach dem Studium stand für mich fest,
dass ich in der Biochemie promovieren wollte - endlich Biochemie. Dafür bot sich
das Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried an. Prof. Dieter Österhelt,
Direktor der Abteilung Membranproteinbiochemie, brachte mich zu Dr. Hart-
mut Michel, einem seiner Gruppenleiter, der sich mit der Struktur- und Funk-
tionsanalyse eines Membranproteinkomplexes befasste, dem photosynthetischen
Reaktionszentrum eines Purpurbakteriums. Damit war ich wieder bei der Photo-
synthese angekommen und beschäftige mich mit der Frage, wie das Reaktionszen-
trum den Elektronentransport über die Membran bewerkstelligt und welche Rolle
dabei zwei Chinonmoleküle als Elektronenakzeptoren spielen.
Als Hartmut Michel an das Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt
berufen wurde, folgte ich ihm, schloss meine Promotion ab und löste dann als
Postdoc bei ihm verschiedene Strukturen von Herbizid-resistenten Mutanten des
Reaktionszentrums. Diese Mutanten gaben wichtige Einblicke in die Wirkungs-
weise von Herbiziden und dienten als Grundlage für das Design von neuen Inhibi-
toren. Einige Anwesende werden sich vielleicht erinnern, dass die hochaufgelöste
Struktur dieses Reaktionszentrums die erste Struktur eines Membranproteins
überhaupt war. Ein unglaublicher Durchbruch in der Membranproteinbiochemie
und Strukturbiologie, zumal die Kristallisation eines Membranproteins bis dato
als unmöglich galt. Dafür wurde Hartmut Michel (zusammen mit Hans Deisen-
hofer und Robert Huber) bereits im Jahr 1988, nur wenige Jahre nach der ersten
Veröffentlichung, der Nobelpreis für Chemie verliehen. Ich hatte das unglaubliche
Glück, zu dieser aufregenden Zeit quasi im Epizentrum der Membranprotein-
Strukturbiologie zu arbeiten. Diese Zeit hatte zweifellos einen entscheidenden
Einfluss auf meinen Werdegang, und mir standen plötzlich die Welt und die Lab-
ortüren führender Wissenschaftler offen.
Ich wollte meine Ausbildung in der Proteinkristallographie vertiefen und ging
daher als Postdoc an das Biomedical Center nach Uppsala (Schweden) zu Prof.
Alwyn Jones. Dort hatte sich ein Zentrum der Proteinkristallographie mit mehre -
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Produktion in Grün- und Blaualgen“ verfasst - also über Photosynthese. Dieses
Gebiet sollte meine wissenschaftliche Entwicklung Jahre später entscheidend be-
einflussen. Meine Mutter war unterdessen mit Unverständnis und Äußerungen
konfrontiert - wie z. B. „Warum lässt Du Deine Tochter aufs Gymnasium?“ oder
„Ein Studium für ein Mädchen - das rentiert sich doch nicht“. Vermutlich wollten
meine Eltern ihren Kindern die Wahlmöglichkeiten geben, die sie selbst in ihrer
Jugend nicht hatten.
Nach dem Abitur hatte ich die Qual der Wahl. Biochemiestudiengänge gab
es damals wenige - davon einen der besten in Tübingen. Allerdings wurde mir
mitgeteilt, dass die Regelstudienzeit dort bei 16 Semestern läge. Daraufhin suchte
ich ein möglichst vielseitiges, aber kürzeres Studium im Bereich der Chemie, und
habe mich für die Lebensmittelchemie an der LMU in München entschieden -
mit nur zehn Studenten im 1. Semester. Nach dem Studium stand für mich fest,
dass ich in der Biochemie promovieren wollte - endlich Biochemie. Dafür bot sich
das Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried an. Prof. Dieter Österhelt,
Direktor der Abteilung Membranproteinbiochemie, brachte mich zu Dr. Hart-
mut Michel, einem seiner Gruppenleiter, der sich mit der Struktur- und Funk-
tionsanalyse eines Membranproteinkomplexes befasste, dem photosynthetischen
Reaktionszentrum eines Purpurbakteriums. Damit war ich wieder bei der Photo-
synthese angekommen und beschäftige mich mit der Frage, wie das Reaktionszen-
trum den Elektronentransport über die Membran bewerkstelligt und welche Rolle
dabei zwei Chinonmoleküle als Elektronenakzeptoren spielen.
Als Hartmut Michel an das Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt
berufen wurde, folgte ich ihm, schloss meine Promotion ab und löste dann als
Postdoc bei ihm verschiedene Strukturen von Herbizid-resistenten Mutanten des
Reaktionszentrums. Diese Mutanten gaben wichtige Einblicke in die Wirkungs-
weise von Herbiziden und dienten als Grundlage für das Design von neuen Inhibi-
toren. Einige Anwesende werden sich vielleicht erinnern, dass die hochaufgelöste
Struktur dieses Reaktionszentrums die erste Struktur eines Membranproteins
überhaupt war. Ein unglaublicher Durchbruch in der Membranproteinbiochemie
und Strukturbiologie, zumal die Kristallisation eines Membranproteins bis dato
als unmöglich galt. Dafür wurde Hartmut Michel (zusammen mit Hans Deisen-
hofer und Robert Huber) bereits im Jahr 1988, nur wenige Jahre nach der ersten
Veröffentlichung, der Nobelpreis für Chemie verliehen. Ich hatte das unglaubliche
Glück, zu dieser aufregenden Zeit quasi im Epizentrum der Membranprotein-
Strukturbiologie zu arbeiten. Diese Zeit hatte zweifellos einen entscheidenden
Einfluss auf meinen Werdegang, und mir standen plötzlich die Welt und die Lab-
ortüren führender Wissenschaftler offen.
Ich wollte meine Ausbildung in der Proteinkristallographie vertiefen und ging
daher als Postdoc an das Biomedical Center nach Uppsala (Schweden) zu Prof.
Alwyn Jones. Dort hatte sich ein Zentrum der Proteinkristallographie mit mehre -
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