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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
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II. Nachrufe
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Honerkamp, Josef: Hans Mohr (11.5.1930–29.12.2016)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0329
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

ler werden, aber nicht nur das. Er wollte auch hinter die Kulissen dieses großen
Menschheitsprojekts Wissenschaft blicken, auch heraus finden, wie Wissenschaft
funktioniert, wie Wissenschaftler durch ihre Arbeit geprägt werden und welche
Rolle die Wissenschaft für das Leben in einer Gesellschaft spielen kann. Und seine
Affinität zu theoretischen Fragen korrespondierte mit dem Interesse nach grund-
legenden Strukturen - da ist ein Hang zu einer analytischen Philosophie nicht
weit.
Die Zeit der Promotion war kurz und erfolgreich. Er schaffte es, die jeweils
aktiven Photorezeptoren-Proteine von Farnen in vivo zu identifizieren. Diese
Proteine bestimmen das Maß, mit dem die Lichtverhältnisse im Lebensraum der
Pflanze Einfluss auf deren Wachstum und Entwicklung haben. Auch in den USA
gab es in Beltsville eine Gruppe, die diese Entdeckung gemacht hatte und diese,
wie er selbst sagte, noch besser ausgearbeitet habe. Dennoch brachte ihm seine
Arbeit eine Einladung an dieses Forschungszentrum ein, er lernte dort bedeutende
Forscherpersönlichkeiten und ein intelligentes, kreatives Team kennen und konn-
te seine Studien auf diesem Gebiet in kurzer Zeit vertiefen.
Zurück in Tübingen, ging dann alles ganz schnell: Dissertation bei Eiwin
Bünning im Jahre 1956, vier Jahre später, mit 30 Jahren, ordentlicher Professor
für Botanik an unserer Freiburger Universität. Er war damals der jüngste Ordi-
narius für Botanik in Deutschland. Zusammen mit seinem Kollegen Bernhard
Hassenstein baute er die Fakultät für Biologie in Freiburg aus und machte sein
botanisches Institut zu einem international führenden Zentrum der pflanzlichen
Entwicklungsbiologie.
Das aus Beltsville mitgebrachte Senfsystem wurde in Freiburg zur zentralen
Modellpflanze für das Studium der Photomorphogenese ausgebaut. Die Arbeits-
gruppe um Hans Mohr wandte sich zunächst der Frage der Primärwirkung von
Photorezeptoren zu. 1966 stellte er die Hypothese auf, dass es in höheren Pflanzen
eine differentielle Genregulation durch Photorezeptoren gibt. Diese heftig ange-
fochtene Hypothese wurde erst in den 90iger Jahren von seinen ehemaligen Mit-
arbeitern bestätigt. Der zweite Schwerpunkt der Forschung galt der Untersuchung
der Wechselwirkung der verschiedenen pflanzlichen Photorezeptoren (Phyto-
chrome, Blaulichtrezeptoren und UV B Photorezeptoren) sowie der Interaktion
zwischen Kern und Plastiden bei der Photomorphogenese, insbesondere bei der
Nitratassimilation.
Die Kontakte mit US-amerikanischen Universitäten konnte er während all
dieser Zeiten aufrecht erhalten. Gastvorlesungen an der Harvard Universität und
Gastprofessuren an der University of Massachusetts gaben ihm Gelegenheit, sich
ganz auf seine wissenschaftlichen Anliegen in der Entwicklungsbiologie, insbeson-
dere der Photomorphogenese zu konzentrieren.
Als Naturforscher und als Gestalter universitärer Strukturen erfahren und er-
folgreich, konnte er sich hier nun auch seiner „Studentenliebe“, der Wissenschafts-

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