LII
Einleitung des Herausgebers
ner Universitätsgründung von 1810, die er im Übrigen für eine inkonsequente Umset-
zung der Humboldt’schen Universitätskonzeption im Sinne einer verbrämten Fortset-
zung der alten scholastischen Gelehrtenrepublik unter anderen Vorzeichen hält.238 In
Abgrenzung davon unternimmt Rossmann den Versuch, Humboldts Universitätskon-
zeption, die er als »heute noch das tragfähigste Fundament einer dem Geist der mo-
dernen Wissenschaftlichkeit allein angemessenen Gestalt der Universität«239 würdigt,
in eine Neustrukturierung des Hochschulwesens zu übersetzen. Den herausstechen-
den Kernpunkt seines Konzepts bildet dabei die Einrichtung eigenständiger Bildungs-
institute, deren Unterricht Rossmann von der »Lehre im Medium der Forschung«
streng abgegrenzt wissen will und denen er die Aufgabe wissenschaftlichen Unter-
richts im Sinne einer »lehrbuchmäßigen Vermittlung von Tatsachen- und Bildungs-
wissen« überträgt. Rossmanns Vorschlag sieht dabei vor, diese Institute der Universi-
tät nicht einzugliedern, sondern lediglich anzugliedern, um einer wechselseitigen
Vermischung und Verwässerung ihrer Aufgaben vorzubeugen.240 Gleichwohl dürfe
auch in der Lehre der Unterrichtsinstitute die Lernfreiheit nicht aufgegeben werden.
Auch solle diese nicht als Bedingung oder Vorstufe angelegt sein, sondern komplemen-
tär zum Studium verlaufen. Eine zweite Kernforderung seines Programms besteht da-
rin, die Universitätslehrer »zu ihrem eigentlichen Beruf als Forscher und Lehrer« zu
befreien und die »unerträgliche Belastung« des Lehrkörpers mit Verwaltungsaufgaben
dadurch abzubauen, dass ein universitärer Verwaltungsapparat mit qualifizierten Kräf-
ten und einem Kurator aufgebaut wird.241 Zudem sieht Rossmann die Verwandlung der
durch eine »widerspruchsvolle« Verkopplung von traditionellem Zunftprinzip und
betriebstechnischem Funktionalismus geprägten Hierarchie des Lehrkörpers in eine
»geistige Hierarchie« als unerlässliche Bedingung einer Reform an.242
Rossmann versteht sein Programm als einen radikalen Reformentwurf im Sinne der
Humboldt’schen Idee der Universität, der sich nicht in einem Bündel kosmetischer
Verbesserungen erschöpft, sondern tiefgreifende Reformen im Sinne moderner Wis-
senschaftlichkeit anstoßen will. Hierzu gehört für ihn u.a. die Aufgabe, die Universi-
tät als Kosmos der Wissenschaft so weit zu fassen, dass auch diejenigen Disziplinen
aufgenommen werden, die bisher exklusiv besonderen Hochschultypen zugeordnet
waren. Entsprechend sieht Rossmann in seinem Programm die Auflösung der bisheri-
gen Fachhochschulen vor, indem deren Wissenschaftsbetrieb in die Universitäten ab-
gezogen und die »auf eine zweckhaft bedingte Auswahl von Fachkenntnissen be-
238 Ebd., 388.
239 Ebd., 400.
240 Ebd., 413.
241 Ebd., 432-433-
242 Ebd., 421. Dieselbe Forderung spricht Jaspers auch in seinem 1968 mit Gerhard Fauth geführten
Interview »Blick in die Welt« aus (215).
Einleitung des Herausgebers
ner Universitätsgründung von 1810, die er im Übrigen für eine inkonsequente Umset-
zung der Humboldt’schen Universitätskonzeption im Sinne einer verbrämten Fortset-
zung der alten scholastischen Gelehrtenrepublik unter anderen Vorzeichen hält.238 In
Abgrenzung davon unternimmt Rossmann den Versuch, Humboldts Universitätskon-
zeption, die er als »heute noch das tragfähigste Fundament einer dem Geist der mo-
dernen Wissenschaftlichkeit allein angemessenen Gestalt der Universität«239 würdigt,
in eine Neustrukturierung des Hochschulwesens zu übersetzen. Den herausstechen-
den Kernpunkt seines Konzepts bildet dabei die Einrichtung eigenständiger Bildungs-
institute, deren Unterricht Rossmann von der »Lehre im Medium der Forschung«
streng abgegrenzt wissen will und denen er die Aufgabe wissenschaftlichen Unter-
richts im Sinne einer »lehrbuchmäßigen Vermittlung von Tatsachen- und Bildungs-
wissen« überträgt. Rossmanns Vorschlag sieht dabei vor, diese Institute der Universi-
tät nicht einzugliedern, sondern lediglich anzugliedern, um einer wechselseitigen
Vermischung und Verwässerung ihrer Aufgaben vorzubeugen.240 Gleichwohl dürfe
auch in der Lehre der Unterrichtsinstitute die Lernfreiheit nicht aufgegeben werden.
Auch solle diese nicht als Bedingung oder Vorstufe angelegt sein, sondern komplemen-
tär zum Studium verlaufen. Eine zweite Kernforderung seines Programms besteht da-
rin, die Universitätslehrer »zu ihrem eigentlichen Beruf als Forscher und Lehrer« zu
befreien und die »unerträgliche Belastung« des Lehrkörpers mit Verwaltungsaufgaben
dadurch abzubauen, dass ein universitärer Verwaltungsapparat mit qualifizierten Kräf-
ten und einem Kurator aufgebaut wird.241 Zudem sieht Rossmann die Verwandlung der
durch eine »widerspruchsvolle« Verkopplung von traditionellem Zunftprinzip und
betriebstechnischem Funktionalismus geprägten Hierarchie des Lehrkörpers in eine
»geistige Hierarchie« als unerlässliche Bedingung einer Reform an.242
Rossmann versteht sein Programm als einen radikalen Reformentwurf im Sinne der
Humboldt’schen Idee der Universität, der sich nicht in einem Bündel kosmetischer
Verbesserungen erschöpft, sondern tiefgreifende Reformen im Sinne moderner Wis-
senschaftlichkeit anstoßen will. Hierzu gehört für ihn u.a. die Aufgabe, die Universi-
tät als Kosmos der Wissenschaft so weit zu fassen, dass auch diejenigen Disziplinen
aufgenommen werden, die bisher exklusiv besonderen Hochschultypen zugeordnet
waren. Entsprechend sieht Rossmann in seinem Programm die Auflösung der bisheri-
gen Fachhochschulen vor, indem deren Wissenschaftsbetrieb in die Universitäten ab-
gezogen und die »auf eine zweckhaft bedingte Auswahl von Fachkenntnissen be-
238 Ebd., 388.
239 Ebd., 400.
240 Ebd., 413.
241 Ebd., 432-433-
242 Ebd., 421. Dieselbe Forderung spricht Jaspers auch in seinem 1968 mit Gerhard Fauth geführten
Interview »Blick in die Welt« aus (215).