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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0243
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Die Idee der Universität [1946]

übrigen Fakultäten in ihrem stillen, ästhetischen Abseits kostbare Erinnerungen ohne
Lebensmacht pflegen läßt.
Weiter würde notwendig sein eine neue »Aristokratisierung« der Wissenschaften,
eine Gliederung in Grund- und Hilfswissenschaften, in eine Hierarchie der Fächer.
Eine technische Fakultät wäre an der Universität etwas Neues, das nicht nur ein
schon Gegebenes einzugliedern, sondern etwas früher nie Geahntes an der Universi-
tät hervorbringen müßte. Die weltgeschichtliche Lebensfrage der Menschheit, wie aus
der Technik mit ihr die jetzt mögliche metaphysisch begründete Lebensform erwächst,
wird erst zu vollem Bewußtsein kommen. Dann werden Wege und Möglichkeiten
sichtbar. Niemand weiß, aus welchen Fakultäten die stärksten Antriebe dazu kommen
werden, wenn erst die Aufgabe in ständiger Berührung der Forscher miteinander zu
wirklichem geistigen Leben wird.
Ein Hinweis auf die Eigenständigkeit des Lebensgebiets, das Gegenstand der tech-
nischen Fakultät ist, ist folgende Erwägung: jede der Spezialfakultäten hat, weil eine
eigene Voraussetzung, ihr eigenes Unheil, wenn diese Voraussetzung ausbleibt: die
Theologie aus dem Geheimnis der Offenbarung den willentlichen Sturz ins Absurde
und in Ketzerzwang - die Jurisprudenz aus dem Positivismus des Rechtsdenkens den
Sturz in die rechtliche Begründung des Rechtlosen in Willkür und Gewalt, - die Medi-
zin aus dem unbegründbaren Heilwillen in den Geisteskrankenmord. So hat auch die
technische Fakultät Boden oder Bodenlosigkeit. Man hört von der Besinnung altge-
wordener Techniker, die ein Entsetzen ergriff angesichts dessen, was sie unwissentlich
und ohne Willen angerichtet haben dadurch, daß sie es möglich machten.256 Man hört
von der Öde technischer Arbeit ohne Endziel, von der Willkür der Zielsetzung, von
88 dem zwecklosen Können als solchem. Der Boden | alles technischen Tuns aber ist der
gehaltvolle Wille zum Ausbau des Menschendaseins in der Welt.
Die technische Fakultät könnte so wenig wie die medizinische als ein Adnex der
philosophischen Fakultät gelten. Sie ist selbständig durch ihr eigenes Lebensgebiet
und ihre praktische Aufgabe. Aber sie ist ebenso wie die medizinische sachlich und im
Unterricht fundiert durch die Grundwissenschaften, die in der philosophischen Fa-
kultät ihr Leben haben.
Daraus wäre zunächst äußerlich die Folge: Physik, Chemie, Mathematik brauchten
nicht, wie an der technischen Hochschule, noch einmal bei der technischen Fakultät
vertreten zu sein. Die Verdoppelung fiele weg. Die Geistesgeschichte, die Geschichte
der Kunst, die Wirtschafts- und Staatswissenschaften würden ebenfalls in der philo-
sophischen Fakultät gepflegt. Damit aber würde durch den Anspruch der Techniker
auch der philosophischen Fakultät ein frischer Antrieb gegeben. Die Grundwissen-
schaften würden bewußter auf den umfassenden Horizont des theoretischen For-
schens gerichtet sein derart, daß sie in ihrem Unterricht das verwirklichen, was gleich-
zeitig den Medizinern, Technikern, Lehrern notwendig ist und sie alle vereinigt in dem
gemeinsamen Raum dieser geistigen Gehalte. Wie das sich in der persönlichen Gestalt
 
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