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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0300
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Der übernationale Sinn der abendländischen
Universität

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Es ist kein Zweifel, daß die Universitäten Anstalten sind zum Zweck der Berufsvorbe-
reitung, Erziehung und Bildung der Jugend, daß sie zumeist von den Staaten finan-
ziert werden, zum Teil durch Stiftungen von privater Seite, noch seltener durch eige-
nes altes Vermögen ihre Kosten bestreiten. Durch die Herkunft ihrer Mittel sind sie
abhängig.
Nun ist es für das Bewusstsein des Sinnes ihres geistigen Lebens, des Gehalts von
Bildung und Erziehung, der letzten Ziele der geistig fundierten Berufe entscheidend,
wie Professoren und Studenten das Wesen der Universität fühlen, verwirklichen und
denken. Durch alle geschichtlich besonderen, staatlich und national, kirchlich und
wirtschaftlich bedingten Gestalten hindurch sollten sie sich des Grundes gewiss blei-
ben, aus dem sie ihren Sinn haben. Das ist nur in einem idealen Entwurf klar, während
die Realität notwendig voller Anpassungen, Mängel und Verschleierungen bleibt, auch
wenn die Energie zum Wesentlichen hin groß ist. In den folgenden Erörterungen mag
mit wenigen Strichen das Ideal charakterisiert sein, und einige Konsequenzen mögen
radikal gezogen werden. In der Realität müssen wir uns begnügen. Plato hat nicht den
besten sondern den zweitbesten Staat für die Verwirklichung ins Auge gefasst.307
Der Sinn der Universität ist die Erforschung und Lehre der Wahrheit in ihrem gan-
zen jeweils erreichbaren Umfang. In dem Willen zur Wahrheit308 liegt die Autonomie
der Universität. Sie setzt voraus, daß Wahrheit um jeden Preis in der Welt sein solle,
und daß auf die Dauer Wahrheit zwar nicht einfach das Glück, aber die | Menschen- io
würde ausmache, und daß ihre bedingungslose Erhellung Gottes Wille sei. Daraus fol-
gen vor allem die Grundsätze für das Leben der Universität.
i) Die Universität vereint Forschung und Lehre. Nicht ein fertiger Wissensbestand
wird tradiert, sondern Forscher lassen die Jugend teilnehmen am Suchen der Wahr-
heit. Die Lehraufgabe beflügelt umgekehrt die Forschung.
Daher wehrt die Universität die Verschulung ab. Sie ist nicht Schule, sondern Hoch-
schule. Das Lernmäßige wird gepflegt durch angegliederte schulmäßige Kurse, wird
auf selbständige Aneignung durch Bücher, Institute und Laboratorien verwiesen. Aber
der Kern der Universität ist die Gemeinschaft der Forscher und werdenden Forscher.
Die Führung der Studien liegt in der Freiheit des Lernens durch den jungen Menschen,
der wählt, was ihm fruchtbar ist, sich Rat holt, aber selbständig seinen Weg geht un-
ter Verwerfung von schulmäßigen Lehrplänen und Studienordnungen.
 
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