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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0430
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

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Lebenserfahrung begründet und zum Teil durch methodische Untersuchungen psy-
chologisch gesichert. Aber der Mensch ist als Mensch ein Wesen offener Möglichkei-
ten. Der Einzelne ist als Ganzes niemals unter irgendwelche Begabungs- und Charak-
tertypen zu klassifizieren. Alle Untersuchungen in dieser Richtung sind Versuche, um
ein Licht auf den Menschen zu werfen, das ihn in Aspekten zeigt, aber nicht im Gan-
zen enthüllt.
Wir unterscheiden:
1. Die Voraussetzungen oder Werkzeuge der Begabung, wie Gedächtnis, Merkfähigkeit,
Lernfähigkeit, Ermüdbarkeit, Übbarkeit, Eigenschaften der Sinnesorgane, Unterschei-
dungsempfindlichkeit, Ablenkbarkeit, Tempo usw. Alles dieses ist experimentell un-
tersuchbar, mehr oder weniger meßbar, auch bei einer Gruppe von Individuen verglei-
chend zu prüfen, so daß man hier für die jeweilige Leistung die der Begabung nach
Tüchtigsten herausfinden kann.
| 2. Die eigentliche Intelligenz ist schwerer zu fassen. Man hat auch hier Prüfungen, 129
z.B. der Kombinationsfähigkeit, der Anpassungsfähigkeit an neue Situationen, der Ur-
teilskraft versucht.48 Jedoch ist hier alles unsicherer, manchmal greifbar bestimmt,
dann wieder überraschend dadurch, daß sonst versagende Menschen irgendwo bedeu-
tende Intelligenz zu zeigen scheinen. Einerseits beachtet man auch hier besondere in-
tellektuelle Fähigkeiten (Talente), andererseits denkt man an einen intellektuellen
Zentralfaktor, eine allgemeine Intelligenz, ohne eine endgültige Klarheit gewonnen
zu haben.
3. Die Geistigkeit, das Ethos der Intelligenz, die »Interessen« (nach Abzug der blo-
ßen Lust an der Ausübung der Funktion, der bloßen Lust am Erfolg, am Übertreffen),
die Liebe zur Sache, der Aufschwung durch Ideen, die Wahrhaftigkeit, der Enthusias-
mus des Erkennens. Dieses alles ist weder experimentell zu fassen, noch empirisch end-
gültig zu beurteilen. Es ist das unter den Menschen spärlich Verbreitete. Sogar solche,
die über die geistige Auslese durch Tests mit einer übermütigen Zuversicht auf die Rich-
tigkeit und Wahrheit ihres Tuns entscheiden, scheinen oft selbst nur einen geringen
oder keinen Funken dieser Geistigkeit in sich zu tragen.
4. Das Schöpferische. Dieses steht ganz außer der Reihe des objektiv Beurteilbaren.
Das Schöpferische ist dem Menschen gegeben, dann im Fleiß erarbeitet oder nichtach-
tend verschwendet. Es gibt verkommene Genies, die aus ihrem Dämon49 nichts ma-
chen, da ihnen Zucht und Besonnenheit fehlt. Das Genie entfaltet sich nur, wenn zu-
gleich Ethos, Wille, Handwerk da sind. Es gibt geniale Menschen, die schließlich alles
verlieren und ungeistig verkommen. Das Geniale, solange es in einem Menschen
flammt, schafft Urerfahrungen, ursprüngliche Ideen und Gestalten. Es ist nicht Ge-
genstand des Wollens, außer jeder Berechnung und Züchtung, außerhalb jeder wil-
lentlichen Auslese, außerhalb zwingend zu machender Maßstäbe (auch nicht vererb-
bar, im Gegensatz zu Talent und allen Begabungseigenschaften). Das Genie ist,
metaphysisch gesprochen, gleichsam ein Versuch, ein Wurf aus dem Grund der Dinge,
 
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