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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Jahresfeier am 15. Mai 2004
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Ansprache des Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Erwin Teufel
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0018
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JAHRESFEIER

Wie wichtig das ist, merken wir gerade in diesen Wochen, in denen Europa
wieder ein großes Stück zusammenwächst.
— Wohin will Europa?
— Was sind die geistigen Fundamente Europas?
- Wo liegen die Grenzen Europas?
Das sind Zukunftsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Fragen, für deren Beant-
wortung wir eine geisteswissenschaftliche Grundlagenforschung dringend brauchen!
Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß wir die Frage nach Europa ohne die
Geisteswissenschaften beantworten können. Wenn daher Forscher dieser Akademie
die Werke und Briefe der großen Reformatoren edieren, dann pflegen sie in meinen
Augen nicht die museale Aufbereitung vergangener Zeiten. Nein, sie helfen uns bei
der Klärung drängender Fragen. Wir lernen etwa, daß die Reformation die Erstar-
rung am Ende des Mittelalters nicht so sehr — wie wir heute sagen würden — durch
„Strukturreformen“, sondern durch einen geistigen Aufbruch überwunden hat.
Ich denke also: Die insgesamt fast 5 Mio Euro, die das Land der Akademie für
diese und andere Forschungsprojekte zur Verfügung stellt, sind gut angelegtes Geld.
In Anbetracht der schwierigen Haushaltslage können wir das bisherige Förderniveau
aber leider wohl nicht mehr halten. Wir werden künftig nicht mehr alles, was wün-
schenswert wäre, auch realisieren können. Wir müssen Prioritäten setzen. Ich freue
mich, daß die Akademie hier mit der Landesregierung einig ist und daß wir auch
bereits Prioritäten setzen konnten:
Die Heidelberger Akademie hat in den vergangenen beiden Jahren ein Pro-
gramm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aufgelegt, das bundes-
weit große Beachtung gefunden hat und bereits als Vorbild angesehen wird! Ich freue
mich darüber, denn die Nachwuchsförderung muß absoluten Vorrang haben! Wir
müssen alles dafür tun, daß begabte junge Menschen in unserem Land optimale Bil-
dungs- und Forschungsbedingungen vorfinden. Diesem Ziel dienen sowohl die
Schulreformen wie auch unsere Hochschulreform. Wenn wir die besten Köpfe ausbil-
den und in unserem Land auch halten wollen, dann müssen wir politische Prioritäten
für Bildung, Wissenschaft und Forschung setzen. Aber reicht das aus? Ich denke,
unsere Gesellschaft muß auch wieder lernen, Bildungs- und Forschungsleistungen
mehr zu schätzen und zu würdigen! Wir Deutschen bewundern ja zu Recht etwa
die Leistungen unserer Sportler. Aber warum ist es in unserem Land so schwierig, als
Forscher, als Wissenschaftler, und übrigens auch als Unternehmer, besondere Aner-
kennung zu erfahren? Ich halte wenig von einer kurzatmigen Diskussion über
Eliteuniversitäten, zumal wenn sie von einer politischen Seite kommt, die bis vor
kurzem den Gedanken an Eliteförderung weit von sich gewiesen hat. Was wir aber
brauchen, ist die gesellschaftliche Anerkennung, Wertschätzung und auch Bewunde-
rung unserer wissenschaftlichen Eliten! Warum hatte denn Deutschland früher so
viele Universitäten mit exzellentem, ja weltweitem Ruf? Wie war das möglich, wo
es hier doch keine „Eliteuniversitäten“ wie in England oder in den Vereinigten Staa-
ten gegeben hat? Unsere Universitäten waren in der Struktur und ihrem Wesen nach
durchaus nicht elitär. Und doch waren sie sehr erfolgreich. Ich denke: Der Erfolg
unserer Universitäten gründete damals — wie heute — in dem Ruf ihrer herausra-
 
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