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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
DOI Kapitel:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI Kapitel:
Sitzung der Phil.-hist. Klasse am 9. Juli 2004
DOI Artikel:
Esser, Hartmut: Der Anstieg der Scheidungsraten
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0074
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SITZUNGEN

Herr J.-M. Durand (Paris) wird in die Kommission „Keilschriften aus Assur“
nachgewählt.
4. Der von Herrn Laufs vorgelegte Vorschlag, den von Frau Dorothee Mußgnug
bearbeiteten Briefwechsel Ernst Levy - Wolfgang Kunkel in den Schriften der
Akademie zu veröffentlichen, wird aufgrund einer befürwortenden Stellungnah-
me von Herrn Wolgast angenommen.
5. Über die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zum Akademienprogramm ent-
spannt sich eine lebhafte Diskussion.
6. Unter „Verschiedenes“ wird über eine Anfrage der Viktor von Weizsäcker Gesell-
schaft gesprochen. Es herrscht Einigkeit darüber, daß die Akademie die Heraus-
gabe der Weizsäckerschen Schriften nicht zu einem Akademieprojekt erheben
könne. Über die wissenschaftliche Begleitung einer Edition soll entschieden wer-
den, wenn die Gesellschaft die Finanzierung gesichert hat. Ob Interesse besteht an
einer klassenübergreifenden Arbeitsgruppe „Medizinische Anthropologie“, bleibt
zuletzt, zumal angesichts der fortgeschrittenen Zeit, offen.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Hartmut Esser hält einen Vortrag: „Der Anstieg der Scheidungsraten“.
In so gut wie allen westlichen Industrieländern sind in den letzten 50 Jahren die
Scheidungsraten angestiegen, teilweise sogar drastisch. Es wird geschätzt, dass in den
USA jede zweite Erstehe geschieden wird, und für Deutschland geht man von etwa
30% aus. Für die Erklärung dieses Anstiegs gibt es eine Reihe verschiedener Hypo-
thesen: der allgemeine Wertwandel hm zur Individualität; die funktionale Speziali-
sierung der Ehe auf emotionale Grundlagen allein; die Zunahme von Opportunitä-
ten für Wiederverheiratungen gerade deshalb, weil es mehr Scheidungen und mög-
liche neue Partner gibt; die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frauen im Zuge der
Zunahme ihrer Erwerbstätigkeit; die Zunahme von Kinderlosigkeit, wodurch sich
u.a. die „Kosten“ einer Scheidung verringern; oder die zunehmende gesellschaftli-
che Akzeptanz nicht-ehelicher Lebensformen. Keine der Hypothesen ist unumstrit-
ten, und die Mannheimer Scheidungsstudie hatte sich das Ziel gesetzt, die Frage mit
einer ausreichend großen Stichprobe, gut getesteten Instrumenten und einer ausge-
arbeiteten theoretischen Erklärung anzugehen. Im Vorfeld und parallel wurden 17
frisch verheiratete Paare vier Jahre lang begleitet und dienten als eine Art ethnogra-
phischer Kontrolle der theoretischen Überlegungen und quantitativen Analysen.
Ursprünglich war von der - immer noch — gängigsten theoretischen Grund-
lage der Erklärung von Scheidungen ausgegangen worden, dem familienökonomi-
schen Ansatz von Gary S. Becker. Danach lassen sich Paare dann scheiden, wenn die
Ehe nicht mehr genug an „Ehegewinn“ abwirft, etwa bei Arbeitslosigkeit des Man-
nes, wenn es kein oder nur wenig „ehespezifisches Kapital“ gibt, das seinen Wert mit
der Trennung verliert, wie Kinder oder gemeinsames Eigentum, und wenn es
 
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