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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
DOI chapter:
Wissenschaftliche Sitzungen
DOI chapter:
Gesamtsitzung am 10. Juli 2004
DOI article:
Pfeiffer, Jürgen: Willensfreiheit und Hirnforschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0077
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10. Juli 2004

89

Eine erste Stellungnahme zu den Empfehlungen zum Akademienprogramm ist in
Arbeit. Das Präsidium der Union wird den positiven Grundtenor der Empfehlungen
hervorheben. Es wird aber insbesondere zur Rolle der Naturwissenschaften im Aka-
demienprogramm und zur Rolle der Akademien in einem noch stärker geöffneten
Antrags- und Bewilligungsverfahren eigene Vorstellungen formulieren.
Der Präsident berichtet weiterhin über sein Gespräch mit derViktor von Weiz-
säcker Gesellschaft. Die Frage, ob die Akademie auf Anfragen und Anregungen der
Gesellschaft eingehen wolle, müßten letztlich die Klassen beantworten. Zum einen
stelle sich die Frage der wissenschaftlichen Begleitung einer Edition des Nachlasses,
falls die Gesellschaft für Finanzierung sorgen könne. Zum andern sei zu entscheiden,
ob die Akademie sich in irgendeiner Form dem Thema ,, Anthropologie“ zuwenden
wolle.
Der Präsident weist auf die beiden internationalen Konferenzen hm, die, von
Akademiemitgliedern initiiert, demnächst in der Akademie und von der Akademie
unterstützt stattfinden werden (12.-14. Juli: Chinese Stone Inscriptions for Etermty,
14.-17. Juli: Continental Rifting, Human Dispersion and Natural Hazards).

WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Die Herren Anthony D. Ho und Rolf Stürner halten ihre Antrittsreden.
Herr Jürgen Peiffer hält einen Vortrag: „Willensfreiheit und Hirnforschung“.
Frau Rockstroh und Herrn Höffe ergänzen seinen Vortrag mit Co-Referaten.
Em Zitat aus Eduard Mörikes „Gebet“ weist auf die gläubige Ergebenheit in den
Willen Gottes, eines von Immanuel Kant auf die Freiheit der Selbstbestimmung, die
Bedeutung des Bewusstseins moralischer Gesetze. Ihnen gegenüber steht ein Wort
des Bremer Hirnforschers Gerhard Roth: „Die subjektiv empfundene Freiheit des Wün-
schens, Planens, Wollens sowie des aktuellen Willensaktes ist eine Illusion
Diese auch von W Singer vertretene These stützt sich auf die Entdeckung des
einer Handlung vorausgehenden Bereitschaftspotentials im EEG durch Kornhuber
und Deecke 1965 und hierauf aufbauend auf Versuchsanordnungen durch Benjamin
Libet (1965, 1982, 1983), bei denen Studenten zu einem frei gewählten Zeitpunkt
einen Finger bewegen sollten. Die dabei auftretenden Muskelaktionen wurden im
Elektromyogramm registriert, darüber hinaus im EEG die zerebralen Potentiale. Die
Versuchsperson musste an Hand einer Uhr den Zeitpunkt angeben, zu dem sie den
Entschluss zur Fingerbewegung gefasst hatte. Dieser lag zwar 200 msec vor der Mus-
kelzuckung, aber etwa 350 msec nach dem Bereitschaftspotential. Reaktionszeiten
hatten schon Helmholtz (1850) und zeitgleich Donders gemessen. Ihre Ergebnisse
decken sich mit dem Bereich von 1/10 sec erstaunlich mit den Resultaten moder-
ner Methoden. Libet hatte allerdings als erster experimentell eine Brücke geschlagen
zwischen subjektivem Erleben und objektiven Messungen. Aus seinen Versuchser-
gebnissen glaubte Libet Zweifel ableiten zu können, ob es berechtigt sei, überhaupt
von einem freien Willensentschluss ausgehen zu dürfen.
 
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