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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Antrittsreden
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Weinfurter, Stefan: Antrittsrede vom 31. Januar 2004
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0107
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Stefan Weinfurter | 119

Antrittsrede von Herrn STEFAN WEINFURTER

an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 31. Januar 2004.


Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
Ihre Zeit ist kostbar, ich beginne daher ohne
Umschweife: Geboren wurde ich am 24. Juni 1945 in
Südböhmen. Das war wenige Wochen nach dem Ende
des Kriegs. Aufgewachsen bin ich südlich von Mün-
chen und in München selbst.
Mein Studium der Geschichte nahm ich an der
Universität München auf, wo ich 1970 auch das Staats-
examen ablegte. 1971/72 übertrug mir mein akademi-
scher Lehrer, Odilo Engels, eine Mitarbeiterstelle an der

Universität Köln. Dort, in Köln, schloß ich mein Studium ab und wurde 1973 mit

einer Arbeit zur mittelalterlichen Geschichte promoviert. Meine Dissertation — das
sage ich hoffentlich mit der nötigen Distanz - enthält im Grunde schon alle wesent-
lichen Elemente, die meinen wissenschaftlichen Zugriff bis heute kennzeichnen. Ich
beschäftigte mich mit dem gesellschaftlichen, politischen und kirchlichen Ord-
nungsgefüge im Erzbistum Salzburg im 12. Jahrhundert. Dabei gingen meine Über-
legungen von der im Salzburger Bistum bestimmenden Ordnungsidee des frühen 12.
Jahrhunderts aus, einer Idee, die sich an der „kommunischen“ Lebensweise des
frühen Christentums orientierte. Gleichheitsdenken, Besitzlosigkeit und Gemein-
schaftsprinzip waren wichtige Inhalte dieses Lebensentwurfs. Meine Frage lautete,
wie diese Idee in spiritueller, rechtlicher und politischer Hinsicht die gesellschaftli-
che Ordnung im 12. Jahrhundert verändert hat und wie dadurch die Bedingungen
geschaffen wurden für ein bestimmtes religiös-ethisches und moralisches Werte-
denken und für das daraus resultierende politische Handeln. Allgemein formuliert
heißt das: Es ging um die Frage, wie in einer bestimmten historischen Situation aus
der Wechselwirkung von gedachter und etablierter Ordnung neue Ordnungskonfi-
gurationen entstehen, die das Handeln der Menschen generieren.
In den folgenden Jahren war ich darum bemüht, die in diesem Zusammenhang
im 12. Jahrhundert wirksamen geistigen und geistlichen Traditionen und Positionen
genauer zu bestimmen. Dafür konnte ich neue Texte des 12. Jahrhunderts finden, in
denen Ordnungsmodelle beschrieben und begründet werden, sie in Editionen
erschließen und der Forschung zugänglich machen. Daraus entstand das Buch für
meine Habilitation 1980 in Köln über die Consuetudines, also die Lebensregel, für
die Kanonikerreform im rheinischen Raum, in Bayern und Österreich. Das wissen-
schaftliche Edieren ist seither zu einem festen Bestand meiner Publikationen gewor-
den.
Meine erste Professur konnte ich 1982 als 36jähriger an der Universität Eich-
stätt übernehmen. Dort hatte ich die Landesgeschichte zu vertreten, nicht nur für das
 
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