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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2004 — 2004

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I. Das Geschäftsjahr 2004
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Antrittsreden
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Stürner, Rolf: Antrittsrede vom 10. Juli 2004
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https://doi.org/10.11588/diglit.66960#0121
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Rolf Stümer | 133

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren!

Antrittsrede von Herrn ROLF STÜRNER
an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 10. Juli 2004.

Die Antrittsrede in der Heidelberger Akademie ist
zunächst einmal guter Anlass, mich bei den Mitgliedern
der Akademie für die Aufnahme in die Akademie ganz
herzlich zu bedanken. Sie ist Ausdruck einer Wertschät-
zung durch einen Kreis von Wissenschaftlern, die ihr
Urteil weniger an den Maßstäben eher flüchtiger
öffentlicher Meinungsbildung als an traditionellen
Kategorien wissenschaftlichen Qualitätsbewusstseins
orientieren und deshalb für mich von ganz besonderem
Gewicht. Die Aufnahme in die Akademie und die per-
sönliche Vorstellung vor ihren Mitgliedern, wie sie sich heute vollzieht, hat zunächst
sicher den Charakter eines Rückblicks und einer Bilanz, soll sich aber doch auch der
künftigen Arbeit und ihren Rahmenbedingungen widmen.
Meine persönliche Lebensgeschichte und mein wissenschaftlicher Weg spie-
geln in vielen Teilen die Geschichte der deutschen Gesellschaft in der zweiten Hälf-
te des 20. Jahrhunderts wieder. Die gilt bis in die Gegenwart, die mit ihrer
Umbruchsituation das Arbeiten eines Rechtswissenschaftlers entscheidend prägt.
Geboren wurde ich im April 1943 in Stuttgart als zweiter Sohn einer Familie des
unteren Mittelstandes. Meinen Vater erreichte das Telegram mit der Geburtsnach-
richt in Stalino, wobei die Beförderung dieser Nachricht die Zuverlässigkeit und
Schnelligkeit der militärischen Organisationen dokumentiert, die dann allerdings in
Stalingrad gerade ihr erstes und entscheidendes Cannae erlebte. Als Spross einer
Familie völlig unmilitärischer Tradition erlebte mein Vater den Krieg als Gefreiter
vornehmlich in heftigen und gefährlichen Rückzugsgefechten, die er aber mit Glück
überlebte, ohne in russische Gefangenschaft zu geraten. Seine Rückkehr erlaubte mir
eine Kindheit in einer heilen bürgerlichen Familie. Die finanziellen Verhältnisse
waren dank schwäbischer Sparsamkeit geordnet, aber ursprünglich eher bescheiden.
Das Elternhaus legte Wert auf gute und sehr gute schulische Leistungen. Besuche von
Opern, Konzerten und Schauspielen waren wie die reichhaltige Leselektüre durch-
aus mühsam vom Haushaltsbudget meiner Mutter abgespart, aber gleichwohl von
früher Jugend an erwünscht und gefördert — ebenso wie der Unterricht in Musik-
instrumenten. Das Gymnasium Zuffenhausen, das ich besuchte und das mir eine
weithin humanistische Bildung erlaubte, war kein Stuttgarter Gymnasium bildungs-
bürgerlicher Tradition, eher die Bildungsstätte kleiner Leute mit einem starken inne-
ren Antrieb zum sozialen Aufstieg — em Umstand, der mir erst beim späteren Rück-
blick richtig bewusst geworden ist. Die Ara Adenauer, in der ich meine ersten bei-
den Lebensjahrzehnte erlebte, habe ich teilweise allerdings in anderer Erinnerung, als
es später in den Geschichtsbüchern meiner zwei inzwischen erwachsenen Söhne
 
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